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Torwart Manuel Neuer beim Mannschaftstraining

© dpa/Christian Charisius

Deutsche Fußball-Nationalmannschaft: Bei der DFB-Elf läuft alles nach Plan – auch für Neuer

Manuel Neuer fliegt im WM-Trainingslager in Südtirol fast schon wie zu besten Zeiten durch den Strafraum. Joachim Löw ist aber nicht nur deshalb zuversichtlich.

Die erfreulichsten Bilder lieferte zu Beginn des Trainingslagers Manuel Neuer. Der deutsche Siegfried, National-, Welt- und Weltmeistertorhüter, der ein halbes Jahr an Krücken ging, hechtete unter der Sonne Südtirols wie zu seinen besten Zeiten. Wohin Bundestorwarttrainer Andreas Köpke die Bälle auch schoss, der 31-Jährige pflückte sie alle, ob unten links oder rechts oben nahe dem Winkel. Neuer sprang ab und flog und hielt.

Und dieser Kerl soll nach seinem dritten Fußbruch ein Dreivierteljahr kein Spiel bestritten haben? Vielleicht kam Joachim Löw auch deshalb in seiner ersten öffentlichen Ansprache zum Vorbereitungsauftakt zu der in drei Wochen beginnenden Weltmeisterschaft (14. Juni bis 15. Juli) auf seinen Mannschaftskapitän zu sprechen. „Er kann alle Belastungen tolerieren, sogar Sprünge“, sagte der Bundestrainer. Wenn alles gut gehe in den kommenden zwei Wochen, werde Neuer in Russland dabei sein können bei der Mission Titelverteidigung. „Wenn nicht, dann müssen wir ernsthaft sprechen.“

Der 58 Jahre alte Bundestrainer verzichtete in seiner so genannten Regierungserklärung auf einen flammenden Appell, wie er es vor den vergangenen Turnieren eigentlich immer tat. „Wir müssen keinen Hunger entfachen, die Gier und der Ehrgeiz sind ungebrochen“, sagte Löw. Vielleicht würden während des Turniers solche Momente mal kommen, „wo man etwas tun muss“.

Knapp vier Jahre nach dem WM-Sieg in Brasilien hat die deutsche Mannschaft zur Turniervorbereitung erneut Quartier in Südtirol bezogen, dieses Mal aber nicht im Passeiertal im Meraner Land, sondern wieder in der Gemeinde Eppan südlich von Bozen.

Hier hatte Löw seinen Trupp bereits für die WM 2010 präpariert und eingeschworen, was in Platz drei mündete. Ältere Semester werden sich noch an 1990 erinnern, als sich Klinsmann, Brehme und Co. unter Teamchef Franz Beckenbauer ganz in der Nähe, am Kalterer See, die Kraft für den damals dritten WM-Titel in Rom holten.

Bis Donnerstag waren nur 19 Spieler in Eppan anwesend

Bis zum Wochenende will der Bundestrainer die 27 Spieler seines vorläufigen WM-Kaders physisch auf ein Niveau gebracht haben. Bis Donnerstag waren nur 19 Spieler anwesend, darunter in Bernd Leno und Kevin Trapp zwei Stellvertreter Neuers. Am Freitag werden dann, bis auf Toni Kroos, die restlichen Spieler erwartet, insbesondere die des FC Bayern um Thomas Müller, Mats Hummels und Joshua Kimmich, die wegen des Pokalfinals am vergangenen Wochenende noch zwei zusätzliche Tage Pause erhielten.

Das Gleiche gilt auch für Antonio Rüdiger und Neuers ersten Stellvertreter und Confed-Cup-Sieger Marc-André ter Stegen, die mit dem FC Chelsea und dem FC Barcelona ebenfalls bis zuletzt im Einsatz waren. Als Letzter wird dann Toni Kroos anrücken, der am Samstag mit Real Madrid zum dritten Male in Serie ein Champions-League-Finale gewinnen kann.

Ein kleines Fragezeichen steht hinter Jerome Boateng. Der 29 Jahre alte Innenverteidiger des FC Bayern hatte sich vor wenigen Wochen einen Muskelbündelriss zugezogen, befindet sich aber seit Tagen im Lauftraining. Eine abschließende Untersuchung an diesem Freitag in München soll darüber entscheiden, ob er direkt oder doch etwas später zur Nationalelf anreisen wird. „Nächste Woche soll er hier zumindest teilweise ins Mannschaftstraining einsteigen“, sagte Löw.

Entwarnung gab der Bundestrainer dafür schon mal bei Mesut Özil. Der Spielmacher des FC Arsenal ist nach Thomas Müller (90 Länderspiele) der deutsche Nationalspieler mit den meisten Einsätzen (89). Er hatte in den vergangenen zweieinhalb Wochen wegen Rückenproblemen aussetzen müssen. „Mesut hat keine Beschwerden mehr und ist voll belastbar“, sagte der Bundestrainer.

Özil werde physisch etwas aufholen müssen in den kommenden zwei Tagen. Bereits am Donnerstag zählte er zu jenen Spielern, die nach der normalen Trainingseinheit zusätzlich auf dem Platz ein paar intensivere Übungen machten.

Von Manuel Neuer will der Bundestrainer mehr sehen. Nicht nur, dass er physisch voll belastbar ist, sondern auch psychisch. Da Neuers linker Mittelfuß an derselben Stelle mehrmals gebrochen war, könnten Ängste vor einer wiederholten Verletzung aufkommen, die dann womöglich gleichbedeutend mit dem Karriereende wäre.

Diese Sorge müsse in den Südtiroler Trainingstagen ausgeräumt werden, sagte Löw in einem „Bild“-Interview. „Er ist sich seiner Verantwortung – auch der Mannschaft gegenüber – sehr wohl bewusst. Rückschläge darf es jetzt keine mehr geben.“

Der Bundestrainer stellt damit klar, dass Manuel Neuer, nur weil er Kapitän ist, der vielleicht in anderen Bereichen außerhalb des Platzes tätig werden könnte, nicht mitreisen wird nach Russland. Sollte Neuer als Spieler nicht hundertprozentig einsatzfähig sein, würde einer seiner Stellvertreter das Kapitänsamt bei der WM-Endrunde übernehmen, also entweder Thomas Müller, 28, oder Sami Khedira, 31. „Thomas kann diese Aufgabe hervorragend ausfüllen“, sagte Löw. Müller sei ein Spieler, der bei aller Ernsthaftigkeit nie den Spaß verliere. Da muss Manuel Neuer erst wieder hinkommen.

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