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Im Zeichen des weißen Plastikballs. Der Weltranglistenerste Timo Boll könnte im Einzel seinen zwölften Titel holen.

© Sebastian Schlichting

Deutsche Meisterschaften im Tischtennis: Weltklasse und gute Händchen im Sportforum

Fast ein Jahr lang hat der TTC Berlin Eastside die Titelkämpfe vorbereitet. Nun sind Timo Boll und Co. da.

Timo Boll tritt am Samstag um kurz nach halb zwei zum ersten Mal an die Platte. Tisch 2, erste Hauptrunde bei den deutschen Meisterschaften. Lange ist Boll nicht da. 21 Minuten später hat der 36-Jährige das Generationenduell gegen Kay Stumper klar mit 4:0 gewonnen. Stumper, 15 Jahre alt, gilt als eines der größten deutschen Tischtennis-Talente.

Die Meisterschaften finden im Sportforum statt, am Eingang des in freundlichen Brauntönen gehaltenen Gebäudes steht schlicht „Sporthalle“. Darunter hängt ein Plakat mit einem großen Tischtennisschläger, auf dem das Brandenburger Tor und der Fernsehturm zu sehen sind. Es ist der größte Hinweis darauf, dass in der über 60 Jahre alten Halle in Hohenschönhausen, die an vielen Stellen den Charme des Vergangenen konserviert, an diesem Wochenende die nationale Elite zu sehen ist. Was in dem Fall trotz einiger Absagen zum Teil gleichbedeutend mit Weltklasse ist: Boll, der neue Weltranglistenerste. Oder Han Ying, die 2016 bei Olympia in Rio mit den deutschen Frauen Silber holte.

Am Freitag, dem ersten Tag der Veranstaltung, spielen diejenigen, die nicht für das Hauptfeld gesetzt sind. Unter anderem Annett Kaufmann vom TTC Bietigheim-Bissingen. Sie ist erst elf Jahre alt. Kaufmann kommt zwar nicht weiter, gewinnt aber ein Spiel. Gut 300 Zuschauer sind da. Größtenteils Fachpublikum. „Richtig gutes Händchen“, kommentiert beispielsweise jemand einen sehenswerten Angriffsschlag. Wer eine kurze Auszeit von den an neun Tischen über Stunden pausenlos umherfliegenden Plastikbällen braucht, wird im Gang hinter den Tribünen fündig – und trifft auf viele weitere Plastikbälle. An einem Verkaufsstand darf geschätzt werden, wie viele davon sich in einem überdimensionalen, durchsichtigen Schläger befinden. Hauptpreis ist ein Fußball-Buch.

Trotz Hexenschuss dabei

Drei Tage ist Berlin die Tischtennis- Hauptstadt, fast ein Jahr lang hat der TTC Berlin Eastside darauf hingearbeitet. Der Verein, der in den vergangenen Jahren im Frauenbereich alles gewonnen hat, was es mitzunehmen gab, ist Ausrichter. Und damit zuständig für – alles. Was beim Kartenverkauf beginnt, hört mit der Verlegung des Bodens noch lange nicht auf. Insgesamt 80 Helfer sind in den verschiedenen Bereichen dabei. Ehrenamtlich natürlich. Wie viel Zeit die Vorbereitungen in Anspruch genommen haben, rechnet Organisationschef Andreas Hain lieber nicht so genau nach: „Eine kleine Ewigkeit“ wird es gewesen sein, sagt Hain, der Manager bei Eastside ist. Auch Präsident Alexander Teichmann ist involviert. Bis vorübergehend nichts mehr geht. Beim Hereintragen eines Plakats in die Halle erwischt ihn ein Hexenschuss. Ein Tag vor dem Start. Drei Spritzen später kann er zumindest wieder laufen. Und ist nun von morgens bis abends in der Halle.

Berliner Teilnehmer sind in der entscheidenden Phase nicht mehr dabei, überraschend bis ins Achtelfinale geschafft hatte es Sina Henning von den Füchsen Berlin. Am Sonntag ab 10 Uhr stehen zunächst die Halbfinals im Einzel und Doppel auf dem Programm. Wenn alles normal läuft, sichert sich Boll – der im Viertelfinale beim 4:3 gegen Dang Qiu vom ASV Grünwettersbach große Mühe hatte – dann am Nachmittag seinen zwölften deutschen Titel.

Schläger in Papiertüten

Bis dahin wird sich folgendes Prozedere noch einige Male wiederholen: Die Spieler stehen schon an der Platte, allerdings fehlt etwas Wichtiges. Ihr Schläger. Den geben sie vorab zur Kontrolle der Beläge ab. Mitgebracht werden die Arbeitsgeräte von den Schiedsrichtern. Aufbewahrt in weißen Papiertüten.

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