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Gesetzt. Nico Schulz überzeugte nicht nur wegen seines entscheidenden Tores.

© John Thys/AFP

Deutsche Nationalmannschaft: Nico Schulz ist ein Prototyp für die neue Zeit

Nationalspieler Nico Schulz denkt auch als Außenverteidiger mutig nach vorne. Mit seinen Qualitäten steht er beim Bundestrainer sehr hoch im Kurs.

Nico Schulz stand Schulter an Schulter mit seinem Widersacher, und man konnte nun wunderbar erkennen, dass es sich um ein ungleiches Duell handelte. Der deutsche Nationalspieler ist gut einen Kopf kleiner als Virgil van Dijk. Doch obwohl der Holländer, der teuerste Verteidiger der Fußballgeschichte, ihm gefährlich nah auf die Pelle gerückt war, zeigte Schulz keinerlei Berührungsängste. Selbst als in der Mixed-Zone der Johan-Cruyff-Arena englische Sprachfetzen in seine Rede hinüberschwappten, spulte er unbeirrt sein Programm ab.

Dass Nico Schulz, 25 Jahre alt, Außenverteidiger der TSG Hoffenheim, sich einmal in dieser illustren Gesellschaft bewegen würde, hätten noch vor kurzem vermutlich nur wenige gedacht; und dass er am Ende eines EM-Qualifikationsspiels gegen Holland als Held des Abends vor die Presse treten würde, wohl erst recht nicht. Aber genau das war Schulz, nachdem er in der letzten Minute der regulären Spielzeit den Treffer zum 3:2-Endstand für die Deutschen erzielt hatte.

Schulz war überrascht von seinem Tor

Der Ball landete hart neben dem Pfosten, so dass sich Torhüter Jasper Cillessen vergeblich streckte. „Ich wollte ihn sogar dahin schießen“, berichtete Schulz. Aber da er es mit seinem schwächeren Fuß, dem rechten, getan hatte, schien er selbst ein bisschen überrascht davon, wie gut es ihm gelungen war.

Schulz hatte schon bei seinem Länderspieldebüt im September gegen Peru den späten Siegtreffer zum 2:1 erzielt. Dass ein Plan dahintersteckt, würde er trotzdem nicht behaupten. „So viele Tore schieße ich ja nicht“, sagte er. Das stimmt – wenn man nur seine Bilanz als Vereinsspieler heranzieht. In 116 Bundesligaspielen für Hertha BSC, Borussia Mönchengladbach und die TSG Hoffenheim sind ihm gerade vier Treffer gelungen. In fünf Einsätzen für die Nationalmannschaft hingegen hat er jetzt schon zweimal getroffen.

Der Hoffenheimer ist so etwas wie der Krisengewinner bei der deutschen Nationalmannschaft. Im September war er einer von drei neuen Spielern, die Bundestrainer Joachim Löw für das erste Länderspiel nach dem WM-Debakel eingeladen hatte. In der Nations League gegen den neuen Weltmeister Frankreich blieb er noch auf der Bank, da vertraute Löw die linke Seite lieber dem gelernten Innenverteidiger Antonio Rüdiger an. Im eher bedeutungslosen Test gegen Peru durfte Schulz dann spielen. Das schien einiges über die ihm von Löw zugedachte Bedeutung auszusagen.

Hoffenheimer Schulz in Berlin ausgebildet

Inzwischen ist es umgekehrt. Im Testspiel gegen Serbien unter der Woche kam der Leipziger Marcel Halstenberg auf der linken Seite zum Einsatz. Als es ernst wurde, setzte Löw hingegen auf Schulz. Der Hoffenheimer, geboren in Berlin, ausgebildet bei Hertha BSC, ist ein bisschen zum Prototypen für die neue Zeit geworden – weil er schnell ist, weil er auch als Außenverteidiger nach vorne denkt und mutig spielt. Gegen die Holländer schoss Schulz nicht nur das entscheidende Tor; er bereitete auch die 1:0-Führung durch Leroy Sané vor und leitete mit einer Flanke eine weitere Kopfballchance für Thilo Kehrer ein.

Schulz ist kein filigraner Techniker – das war auch bei seinem Treffer in Amsterdam zu sehen. Er stürzte den Ball irgendwie ins Tor. Aber er verfügt über genau die Qualitäten, die beim Bundestrainer im Moment sehr hoch im Kurs stehen.

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