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Sport: Deutsche Teilzeithüter

Selbst ein Nationaltorwart hat es in der DEL schwer

Berlin. Das Lob für Marc Seliger kam von staatlicher Stelle. Und fast von ganz oben. „Mit Marc Seliger haben wir einen Torwart von internationalem Format“, sagte Otto Schily. Der Bundesinnenminister hatte sich gerade ein Spiel der deutschen Eishockey- Nationalmannschaft in der Arena Nürnberg angeschaut. Seliger hatte wieder einmal gut gehalten, genauso wie 2000 bei den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City. Damals hatte Schily erstmals beim 3:0 der Deutschen gegen die Slowakei Seligers Paraden bestaunt.

Marc Seliger ist durch seine guten internationalen Auftritte bekannt geworden. Doch in der Heimat hat er seit Jahren wenig zu lachen. In der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) sind deutsche Keeper eine Ausnahme, hat ein Nationaltorhüter keinen Bonus. Vergangene Saison hat sich Seliger in Nürnberg den Job mit dem Kanadier Fredric Chabot geteilt. Entnervt ist der 29-jährige nach Mannheim gewechselt. Neuer Arbeitsplatz, alter Ärger: Bei den Adlern muss sich Seliger mit dem Kanadier Richard Shulmistra abwechseln.

Es liegt wohl nicht daran, dass der hiesige Nachwuchs im Tor zu schlecht ist – vielmehr ist für die wenigen Arbeitsplätze für einheimische Keeper verantwortlich, dass DEL- Klubs bei der Besetzung dieser wichtigen Position mit Vorliebe auf international erfahrene Männer setzen. Und gegen die hat es ein junger deutscher Keeper immer schwer. Der einzige Deutsche, der sich in der vergangenen DEL-Saison durchsetzen konnte, ist der Rosenheimer Robert Müller. Der 23-Jährige wurde nicht nur Stammtorwart bei den Krefeld Pinguinen, sondern auch noch Deutscher Meister mit seinem Klub. Müller hat eine simple Erklärung für seinen Karrieresprung: „Wenn dir der Trainer Rückendeckung gibt, dann kommt eben das Selbstvertrauen.“ In Krefeld hat er Butch Goring überzeugt, so sehr, dass der Coach diese Saison mit Markus Janka einen deutschen Keeper als Ersatz für Müller verpflichtet hat – das ist einmalig in der DEL. Allerdings hat Müller zuletzt noch nicht an seine Leistungen aus der Vorsaison anknüpfen können und spielt mit Krefeld in unteren Tabellenregionen.

Ein ähnliches Schicksal droht Oliver Jonas beim EHC Eisbären Berlin zurzeit nicht. Am Sonntag gelang dem 24-Jährigen beim 5:0 des DEL-Tabellenführers gegen die Kölner Haie sogar ein Spiel ohne Gegentor. Trotzdem setzt auch sein Trainer Pierre Pagé auf Arbeitsplatzteilung. Dabei sind die statistischen Werte beider Berliner Keeper recht unterschiedlich. Jonas hat nur zwei Gegentore pro Spiel im Schnitt kassiert, der Kanadier Rich Parent fast drei. Das Wechselspiel von Berlin sollte bald ein Ende haben. Nicht nur Bundestrainer Hans Zach hält Jonas momentan sogar für stärker als Müller.

Beim Deutschland-Cup vom 7. bis 9. November in Hannover werden sich Jonas, Müller und Seliger bei den Spielen der Nationalmannschaft gegen die USA, die Schweiz und Kanada abwechseln. Damit sind laut Rechnung des Bundestrainers 75 Prozent aller guten deutschen Torhüter in der Preussag Arena versammelt. Ansonsten hält Zach nur noch Alexander Jung für erstklassig. Natürlich ist der in Düsseldorf nur Ersatz, und natürlich sind vier gute Torhüter nicht viel bei 14 Klubs in der DEL. „Dass wir nur vier Torhüter haben, die für die Nationalmannschaft in Frage kommen, ist für eine Eishockey-Nation ein Armutszeugnis“, sagt Hans Zach.

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