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© dpa

Deutscher Gegner: Cordoba-Veteran Prohaska: „Unser Wunder“

Der ehemalige österreichische Nationalspieler Herbert Prohaska spricht im Tagesspiegel-Interview über den Sieg gegen Deutschland bei der WM 1978 im argentinischen Cordoba. Und dessen Bedeutung für seine Landsleute.

Herr Prohaska, Sie als Cordoba-Veteran müssen es wissen: Kann Österreich wieder Deutschland besiegen?

Nur, wenn uns der Zufall hilft: Deutschland muss einen schlechten Tag erwischen, bei den Österreichern muss alles klappen. So war es damals auch in Argentinien 1978, als wir ebenfalls der Außenseiter waren.

Welchen Stellenwert hat das Spiel am Montag für Sie persönlich?

Zu keinem Fußball habe ich eine engere Beziehung als zum deutschen. Das Land ist auch in dieser Hinsicht unser „großer Bruder“. Schon in meiner Jugend wusste ich mehr über deutsche Vereine als über spanische.

Warum reden immer noch so viele über Cordoba, über einen Sieg, der für Österreich sportlich ohne Bedeutung war?

Spiel ohne Bedeutung? Fakt ist, dass Österreich bei einem WM-Turnier gegen Deutschland gewonnen hat. Dieses Ereignis ist Teil unserer Sportgeschichte. Ihr erinnert euch doch auch gerne an das Wunder von Bern, das noch 24 Jahre früher passierte …

… bei dem Deutschland aber den WM-Titel holte.

Wir in Österreich müssen beim Fußball eben kleinere Brötchen backen. Jede Nation braucht Ereignisse, an die sie sich gern erinnert. Wir denken auch oft an den Olympiasieg von Franz Klammer 1976 zurück.

War Cordoba so gesehen das bedeutendste Spiel Ihres Lebens?

Auf gar keinen Fall. Ich wurde 1983 mit dem AS Rom Meister, 41 Jahre nach dem letzten Titel.

Trotzdem sind Sie in Österreich und in Deutschland vor allem wegen 1978 bekannt.

Aber mein Leben hat es nicht weiter beeinflusst. Für mein Prestige war es gut, nicht für meinen Werdegang. Für Hans Krankl war das anders: Er bekam wegen seiner Tore gegen Deutschland einen Vertrag beim FC Barcelona.

Seit Beginn der Neunziger reicht sich die „Cordoba-Generation“ den Job als Nationaltrainer wie einen Staffelstab weiter. Auf Josef Hickersberger folgten bald schon Sie, einer Ihrer Nachfolger war Hans Krankl, nun ist Hickersberger wieder dran. Wie lang geht das noch?

Das weiß ich nicht. Aber ich werde jetzt 53, das ist doch ein gutes Traineralter. Bei all dem Gerede über Cordoba wird immer vergessen, dass wir nicht nur an diesem Tag in Argentinien Erfolg hatten, sondern überall, wo wir gespielt haben: Krankl in Barcelona, Pezzey in Bremen, ich in Rom. Und der Verband hat es uns nicht leicht gemacht: Wir mussten eine langwierige Trainerausbildung absolvieren. Heute bekommt man solche Scheine als Nationalspieler im Schnellkurs.

Ganz ohne Lobby können Sie aber nicht sein. Immerhin wurden Sie zu Österreichs Spieler des Jahrhunderts gewählt.

Ich wurde dazu gewählt, aber ich habe mich nie wie Österreichs Jahrhundertspieler gefühlt. Mein Glück war, dass sich die meisten, die an dieser Wahl teilnahmen, nicht mehr an die älteren Spieler erinnern konnten.

Nach 36 Jahren als Spieler und Trainer sind Sie nun Fußball-Experte beim ORF. Vermissen Sie das operative Geschäft gar nicht?

Als Moderator führe ich ein deutlich bequemeres Leben. Ich schlafe nicht mehr schlecht, fühle mich weniger gestresst. Wenn ich als Trainer drei Spiele in Folge verloren habe, musste ich mir wieder Gedanken um meinen Job machen. Jetzt weiß ich sicher, dass ich auch zum EM-Finale im Fernsehen wieder auflaufe.

Das Gespräch führte Tim Jürgens.

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