zum Hauptinhalt
Es geht weiter für die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft - aber nicht bei dieser WM.

© Reuters

Deutsches Team bei der Eishockey-WM: Kein Grund zur Euphorie

Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft verabschiedet sich achtbar von der Heim-Weltmeisterschaft – hat aber eine unsichere Zukunft vor sich.

Es fehlte gar nicht mal so viel, und das deutsche Team hätte den Favoriten nicht nur geärgert. Der späte Torschütze Yannic Seidenberg sprach daher auch von „Enttäuschung“ und sein Torwart Philipp Grubauer sagte: „Da wäre mehr gegangen.“ Aber es kam am Donnerstagabend in der Kölnarena so, wie es bei Weltmeisterschaften seit 1996 immer kam, wenn sich die Eishockeynation Kanada mit dem Außenseiter Deutschland auf dem Eis misst. Der Favorit gewann, erreichte das Halbfinale. Durch ein 2:1. Das belegte im Nachhinein: Jede Nation ist im Eishockey gegen Kanada Außenseiter, die Deutschen waren aber waren bei ihrer Heim-WM weniger Außenseiter, als die meisten anderen Teams es gewesen wären. Es nützte nichts: Kanada spielt im Halbfinale gegen Russland, Finnland gegen Schweden. Die Kölnarena wird ohne den Gastgeber nicht voll werden, die Weltmeisterschaft endet mit den Duellen der üblichen Verdächtigen und damit wenig erfrischend für den großen Rest der Welt.

Deutschland beendet die WM als Achter, vor einem Jahr bei der ersten WM unter Bundestrainer Marco Sturm, hatte es in Russland zu Platz sieben gereicht.

Es war unterhaltsam, was die Deutschen am Ende in Köln gezeigt haben: Das gewonnene Penalty-Drama gegen Lettland und die knappe, aber auch zu viel Respekt vor dem Gegner geschuldete Niederlage gegen die Superstars aus Kanada waren große Spiele. Marco Sturm findet, dass diese Auftritte nach einer wackligen Vorrunde des deutschen Teams versöhnten. „Die letzten beiden Spiele waren unsere besten. Wir sind schon wieder ins Viertelfinale gekommen, als Underdog.“ Von daher sähe er die Heim-WM sehr positiv, sagt der Bundestrainer.

Die Deutschen mussten sich letztlich auf ihre kämpferischen Tugenden verlassen

Das deutsche Team des letzten WM-Spiels war ein anderes als das zu Anfang des Turniers. Knapp zwei Wochen zuvor war Sturms Mannschaft zum Auftakt 2:1 über die USA hinweggebraust. Torwart Thomas Greiss und Stürmer Tobias Rieder waren die Helden dieses Spieles, zwei Profis aus der National Hockey-League (NHL), für die die WM dann bald vorbei war. Beide verletzten sich, Trump-Anhänger Greiss geriet zudem wegen seiner schrägen Aktivitäten auf einem sozialen Netzwerk ins Abseits. Mit Rieder und dem noch in den NHL-Play-offs beschäftigten Tom Kühnhackl hätte eine stärkere Mannschaft gegen Kanada gespielt. Teilweise war da der Eindruck, dass die Mitspieler nicht immer etwas mit den Pässen ihres erst im drittletzten WM-Spiel zum Kader gestoßenen NHL-Stars Leon Draisaitl anfangen konnten.

Die Deutschen mussten sich letztlich auf ihre kämpferischen Tugenden und ihre Abwehr verlassen – letztere war mit zwei Weltklassespielern besetzt, dem überragenden Dennis Seidenberg (New York Islanders) und dem mitunter etwas schludrig wirkenden Kapitän Christian Ehrhoff (Kölner Haie). Ohne die beiden in der NHL geformten Verteidiger wäre sicher so eine Abwehrschlacht wie die gegen die Kanadier anders ausgegangen. Dennis Seidenberg taucht nach dem Viertelfinale als einziger deutscher Spieler in der Rangliste der 20 besten Scorer der WM auf, mit acht Punkten auf Rang 16. Er ist einziger Verteidiger überhaupt in dieser Wertung, was seine enorme Leistung unterstreicht. Die schlechte Nachricht für Sturm: Seidenberg wird 36, Ehrhoff bald 35 Jahre alt. Der Bundestrainer wird schon bald ohne seine besten Verteidiger auskommen müssen. Und so schnell wachsen solche Spieler nicht nach, in der Nachwuchsförderung liegt immer noch vieles im argen – auch wenn der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) mit seiner Kampagne („Wir sind Eishockey“) und seinem Projekt 2026 vieles anschieben will.

Marco Sturm sagt: „Was ein Ehrhoff und ein Seidenberg für uns in der Abwehr spielten, war enorm. Die kann man so schnell nicht ersetzen. Da liegt noch viel Arbeit vor uns.“ Das ist das Problem. Das deutsche Eishockey wurde nicht mit neuer Euphorie, sondern in eine unsichere Zukunft aus der Heim-WM entlassen. Es wird lange dauern, bis Deutschland mal wieder eine WM ausrichten werde, sagt Franz Reindl, Präsident des DEB. „Erst einmal sind jetzt andere Länder dran.“ Zum Beispiel eine aufstrebende Eishockeynation wie Dänemark, 2018 Ausrichter der WM.

Zur Startseite