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Sport: Deutsches Traberderby: Gutes Rennen, schlechtes Rennen

Eine kleine bayerische Fangruppe hatte sich auf der Trabrennbahn Mariendorf direkt an der Ziellinie aufgestellt. Volkstümlich in Lederhosen gekleidet, warteten die Fans geduldig auf die Fahrer, die mit ihnen aus Bayern zum Deutschen Derby angereist waren.

Eine kleine bayerische Fangruppe hatte sich auf der Trabrennbahn Mariendorf direkt an der Ziellinie aufgestellt. Volkstümlich in Lederhosen gekleidet, warteten die Fans geduldig auf die Fahrer, die mit ihnen aus Bayern zum Deutschen Derby angereist waren. Die weiß-blaue Fahne, die sie gelegentlich hin und herschwingen ließen, war einzig sichtbares Zeugnis einer Fangemeinschaft in Mariendorf. Die Fangruppe reist in jedem Jahr zum Derby, um den bayerischen Fahrern ein wenig Unterstützung zu leisten. Doch in diesem Jahr warteten sie vergeblich. Das 106. Deutsche Derby gewann, wie erwartet, der zweifache Weltmeister Heinz Wewering mit dem großen Favoriten Oscar Schindler SL. Wewering sicherte sich damit seinen siebten regulären Derby-Sieg und seinen achten insgesamt, denn einmal 1989 wurde er wegen Dopings nachträglich disqualifiziert. Bis heute ist diese Entscheidung aber umstritten.

Wewering holte gestern die dritte Dreifache Krone in seiner Karriere. Nach seinen Siegen zuvor im Adbell-Toddington-Rennen und im Buddenbrock-Rennen sicherte sich der erfolgreichste Fahrer der Welt somit die höchste Auszeichnung für einen Traber in Deutschland. Oscar Schindler ist erst der 15., dem dies gelang. Auch wenn Wewering das Rennen nicht von Anfang an diktierte, konnte er am Ende doch souverän vor dem finnischen Duo Tapani Hautala und Timberland sowie seinem größten Konkurrenten Wonderfull As mit dem Fahrer Thomas Panschow gewinnen.

Das hohe Renntempo kam Wewering im wichtigsten deutschen Zuchtrennen der Dreijährigen für seinen Hengst sehr entgegen. "Er liebt es, wenn es schnell ist", sagte Wewering nach dem Rennen. Ihm kam beim Überholen von Timberland auf der Zielgeraden entgegen, dass es vorher geregnet hatte: "Die zweite Spur war nach dem Regen qualitativ eindeutig besser." Nach der Siegerehrung musste Oscar Schindler SL dann traditionell sein Vorderhufeisen opfern. Wewering schenkte das Eisen Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit, der ausgepfiffen wurde, als er den Sieger ehrte.

Dabei war den Organisatoren des Berliner Trabrennvereins die Entspannung förmlich anzusehen, denn fast hätte das Derby sogar einen handfesten Skandal gehabt. Im vierten der fünf Vorläufe war Oliver Wewering in Führung liegend auf der Ziellinie disqualifiziert worden. Der Sohn des Rekordfahrers war mit Baltic Boy unmittelbar im Ziel in den Galopp verfallen und bekam deshalb vom Zielrichter die rote Fahne. "Ich habe mir die Wiederholung 20-mal angesehen und glaube, der Zielrichter hat eine Fehlentscheidung getroffen", sagte Wewering junior. Laut Reglement muss ein Pferd mit der Nase über der Ziellinie sein, bevor es vom Trab in den Galopp wechseln darf. Oliver Wewering sah die Nase über der Linie, für Richter Peter Fahrenholz war die Nase von Baltic Boy zu kurz. Besitzerehepaar Allekotte drohte bis kurz vor dem Start des Derbys mit rechtlichen Schritten, doch da es sich wie in anderen Sportarten um eine Tatsachenentscheidung handelt, durfte Oliver Wewering im Finale nur mit dem Außenseiter Homerun starten. Mit dem hatte er im Gegensatz zu Baltic Boy gegen seinen Vater natürlich keine Chance.

Ingo Wolff

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