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Sport: Deutschland - England: Fünf Sterne und ein Geschichtemacher

Das Staunen der Engländer über den 5:1-Sieg gegen Deutschland in München setzt sich bei der Lektüre der Sonntagszeitungen fort. Denn mit Ausnahme des "Sunday Mirror" ("Ausgeblitzt") wurden in den britischen Blättern nicht die üblichen kriegslüsternen Schlagzeilen verwendet.

Das Staunen der Engländer über den 5:1-Sieg gegen Deutschland in München setzt sich bei der Lektüre der Sonntagszeitungen fort. Denn mit Ausnahme des "Sunday Mirror" ("Ausgeblitzt") wurden in den britischen Blättern nicht die üblichen kriegslüsternen Schlagzeilen verwendet. Die Sportjournalisten wiesen lieber auf den besonderen Stellenwert des Erfolges hin. Als "unsere feinste Stunde" bezeichnete der "Sunday Express" den Sieg auf seiner Titelseite. Der "Sunday Telegraph" adelte die junge Mannschaft um den dreifachen Torschützen Michael Owen als "Fünf-Sterne-England".

Am besten fasste wohl der "Observer" die Stimmung unter der von Sven-Göran Eriksson geleiteten Mannschaft und die Bedeutung des Erfolges zusammen. "Außerordentliche Nacht für Englands junge Fußball-Helden. Nach dem Schlusspfiff blieben die englischen Spieler auf dem Feld, als konnten sie es nicht übers Herz bringen, es zu verlassen. Wer konnte es ihnen verübeln? Wer wollte schon die Szene dieser Errungenschaft verlassen? Sie hatten gerade eines der erstaunlichsten Resultate in der Fußball-Geschichte des Landes erzielt, ja gar in der Geschichte dieses Sports überhaupt. Die Deutschen verlieren doch nicht Zuhause, schon gar nicht 1:5 - so hoch wurden sie daheim schließlich seit siebzig Jahren nicht mehr bezwungen", schrieb das angesehene Sonntagsblatt auf seiner Titelseite.

Im Sportteil fuhr der "Observer" mit diesem Thema fort. Ein ganzseitiges Bild des dreifachen Torschützen Michael Owen wurde mit "Der Geschichtemacher" überschrieben, und im Untertitel wurde der Erfolg knapp zusammengefasst: "Unglaublich. Deutschland 1, England 5." Andere Blätter verwendeten ein Wortspiel mit dem Namen des zunächst ungeliebten, nun aber vollständig akzeptierten schwedischen Nationaltrainers der Engländer, um den Sieg zu würdigen. "News of the World" bezeichnete ihre gestrige Ausgabe als "Sou-Sven-ir Edition", und im Sportteil schrieb sie: "Welch eine Svensation." Später forderte das Boulevardblatt seine Leser auf, dem Resultat Glauben zu schenken. "Ihr träumt nicht - Wir haben die Deutschen mit 5:1 gestopft." Die "Sunday Times" hingegen schwärmte: "Kann es noch besser als dies werden?" Von Schadenfreude über den Gegner war wenig zu spüren, vielmehr stiegen bei einigen die Hoffnungen. "Wer braucht schon Play-offs?", fragte der "Sunday Mirror" in Anspielung auf die direkte Qualifikation als Gruppenerster, ohne weiteres Ausscheidungsspiel. Und am Schluss wagte der Mirror einen Traum: "Und wie wäre es schließlich mit diesem Omen? Das letzte Mal, als England in Deutschland gewann, war 1965 in Nürnberg - und was ein Jahr später folgte, wissen wir alle. Mit der WM nächstes Jahr ist es ein wunderbarer Gedanke, dass sich die Geschichte wiederholen könnte." 1966 wurde England bekanntlich Weltmeister.

Martin Pütter

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