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Zwischen Hoffenheim und Rio: Die Stimmung bei der Neuauflage des WM-Finals.

© dpa

Deutschland gegen Argentinien 2:4: Eine Party zwischen Hoffenheim und Rio

Die nachweltmeisterliche Party beginnt stimmungsvoll wie in Rio – und erinnert bald an Auswärtsspiele von Hoffenheim. Immerhin der Abschied von Klose, Lahm, Mertesacker und Flick wird zur Feierstunde.

Es ist ein etwas überraschendes Comeback, das da um kurz nach halb neun in Düsseldorf verkündet wird. Der Stadionsprecher verliest die argentinische Aufstellung, und, schau da: Lionel Messi ist doch dabei. Wie immer mit der Nummer 10, passend dazu leuchtet sein Foto auf den Videowürfeln der Arena. Von wegen Absage wegen Problemen mit den Adduktoren. Ist eben doch ein guter Junge und weiß, was sich gehört, wenn drei verdiente Weltmeister abtreten von der ganz großen Bühne.

Na, das kann ja ein großer Abend werden. Mit der besten Mannschaft der Welt und dem besten Spieler der Welt, und dass sie auf verschiedenen Seiten spielen – sei’s drum.

Messi doch nicht in der Aufstellung

Zwei Minuten lang freuen sich die Düsseldorfer auf Lionel Messi und eine von der Besetzung her würdige Neuauflage des WM-Finales. Dann meldet sich der Stadionsprecher noch einmal und verkündet in eher beiläufigem Ton, es habe da leider eine Änderung in der argentinischen Aufstellung gegeben und statt Lionel Messi trage jetzt Sergio Agüero das Leibchen mit der Nummer 10. Agüero, das ist der, dem Bastian Schweinsteiger im Finale den Schmiss unter dem Auge zu verdanken hatte. Binde hin, Binde her, der neue deutsche Kapitän kommt wegen einer seiner gar nicht so seltenen Verletzungen um ein von schmerzhafter Erinnerung geprägtes Wiedersehen herum.

Ähnliches gilt auch für Christoph Kramer, der sich nach einem Zusammenprall mit Ezequiel Garay und anschließender Gehirnerschütterung bis heute nicht an seinen aktiven Part im Endspiel erinnern kann. Wieder spielt er von Anfang und diesmal auch bis ganz zum Schluss. Garay hat wie der Kollege Messi verletzungsbedingt abgesagt.

Feierlicher Abschied von den scheidenden WM-Helden

Immerhin beim großen deutschen Abschiedsbrimborium vor dem Spiel halten sich die Argentinier im Hintergrund. Hans-Dieter Flick, der zum DFB-Sportdirektor beförderte Assistent von Bundestrainer Joachim Löw, bekommt den eigens für ihn kreierten Titel eines Weltmeister-Co-Trainers verpasst. Den größten Applaus erhält weder Per Mertesacker (nicht ganz so überraschend) noch der scheidende Kapitän Philipp Lahm (schon eher überraschend), sondern Miroslav Klose, dessen offizielle Amtsbezeichnung WM-Rekordtorjäger ja schon ein bisschen länger bekannt ist.

Alle drei neuen Ex-Nationalspieler bekommen zum Abschied ein Trikot mit ihrer angestammten Rückennummer. Kloses 11, Lahms 16 und Mertesackers 17 werden nicht neu vergeben. Jedenfalls nicht an diesem Abend, was aber auch daran liegt, dass die ansonsten in Düsseldorf versammelten Weltmeister nicht scharf darauf sind, ihre alten Weltmeister-Nummern abzugeben. Dieses Schicksal trifft nur einen. Christoph Kramer bekommt die 24 und tritt seine in Brasilien getragene 23 ab an Mario Gomez, der zwar nicht Weltmeister ist, aber ältere Rechte hat.

Düsseldorf feiert den Kölner Podolski

Die Partygäste freuen sich und sind in bester Partystimmung. Na ja, bis es losgeht. Auf den Tribünen singen sie: „Die Nummer eins, das sind jetzt wir.“ Dem Wahrheitsgehalt dieser Botschaft ist keine allzu lange Halbwertszeit beschieden. Die Argentinier wollen sich einfach nicht in die ihnen zugedachte Rolle als brave und zurückhaltende Statisten fügen. Die Nummer eins an diesem Abend, das sind sie, und das bleibt nicht ohne Wirkung auf das Drumherum. Die Atmosphäre schwankt zwischen der beim Schlusspfiff von Maracana und der bei Hoffenheimer Auswärtstoren, wobei mit zunehmender Spielzeit das Hoffenheimer Element überwiegt.

Im argentinischen Sturmwirbel da unten auf dem Rasen ist das Publikum dankbar für jede Abwechslung, selbst wenn sie von der anderen Rheinseite kommt. Lukas Podolski wird nach seiner Einwechslung so laut und nett empfangen, wie das für einen Kölner in Düsseldorf nicht selbstverständlich ist. Aber auch mit diesem Anflug von rheinischer Fröhlichkeit ist es spätestens vorbei, als das zweite argentinische Tor fällt. Als dann Mario Gomez den Ball aus schönster Position am Tor vorbeibolzt, gibt es sogar ein paar Pfiffe. Nun gut, die könnten auch dem Linienrichter gelten, weil der mit seiner Fahne eine Abseitsstellung erkannt hat, aber... reichlich später sind die Pfiffe bei Gomez’ Auswechslung noch ein bisschen lauter.

Ganz oben im Eckchen rechts neben der Gegentribüne brüllt ein einzelner, aber sehr lauter Fan nach einem Ex-Nationalspieler, von dem er weiß, dass er zugegen ist und sein Trikot dabei hat: „Miroslav Klose!“ Stattdessen kommt Mario Götze und macht auch ganz schnell sein Tor, wie nach seiner Endspiel-Einwechslung im Maracana. Ein Moment von seliger WM-Erinnerung an einem ganz und gar nicht weltmeisterlichen Abend.

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