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Torwart Manuel Neuer war natürlich nicht zufrieden.

© dpa

Deutschland verliert 1:2 gegen Österreich: Noch viel Arbeit für Bundestrainer Joachim Löw

Beim WM-Test gegen Österreich zeigt die deutsche Nationalmannschaft eine zerfahrene Leistung – und verliert auch mit Manuel Neuer.

Was für ein Regen. Der Himmel über dem Klagenfurter Wörthersee Stadion hatte am frühen Samstagabend alle Schleusen geöffnet. Zwischenzeitlich war aus dem Regen Hagel geworden, Blitz und Donner unterbrachen immer wieder das Aufwärmprogramm der österreichischen und deutschen Mannschaft. Dem einen oder anderen Spieler dürfte nicht nur einmal der Gedanke an einen Abbruch des WM-Testländerspiels zwischen Österreich und Deutschland gekommen sein.

Das Spiel wurde erst mit einer über eineinhalbstündigen Verspätung angepfiffen und endete für die Mannschaft von Trainer Joachim Löw nach einer von Müdigkeit und Zerfahrenheit gekennzeichneten Leistung in einer 1:2 (1:0)-Niederlage. „Wenn man so schlampig ist im Spiel nach vorne und Räume zulässt, passiert so etwas“, sagte ein angefressen wirkender Bundestrainer.

Dass die geplante Anstoßzeit 18 Uhr unter den Umständen nicht zu halten gewesen ist, war rasch klar. Es war also ein wenig Zeit, um sich etwa an das EM-Testspiel vor zwei Jahren in Augsburg gegen die Slowakei zu erinnern, wo es in Folge eines Wolkenbruchs zu einer Spielunterbrechung gekommen war. Am Samstag gab der Schiedsrichter Pavel Kralovec aus Tschechien Wetter und Spiel mehrfach die Chance. Der Regen ließ nach, nur das Geläuf war in keinem guten Zustand. Die Frage war, inwiefern unter diesen Umständen überhaupt ein reguläres Spiel möglich ist, ohne die erhöhte Verletzungsgefahr aus dem Blick zu verlieren?

Irgendwann während dieser regenverhangenen Wartezeit fingen die Fernsehkameras das Gesicht von Manuel Neuer ein, der seinen Blick gen Himmel richtete, die Augen schloss und mit dem Kopf schüttelte. Gerade für ihn wäre ein echter Härtetest so wichtig gewesen. Und so waren die Augen besonders auf den 32 Jahre alten deutschen Torhüter gerichtet, der gerade erst eine achtmonatige Auszeit vom Fußball beendet und sich im Trainingslager in Südtirol in Form gebracht hatte. Nun sollte seine Spiel- und Wettkampftauglichkeit getestet werden. Trotz der Niederlage bestand er diesen Test.

Mit der Verspätung von 103 Minuten wurde der Klassiker schließlich angepfiffen. Über allem aber schwebte die Hoffnung, dass sich keiner der deutschen Spieler, die zur WM nach Russland aufbrechen wollen, verletzen würde, vor allem nicht Neuer. Dass das nicht passierte, war aus deutscher Sicht das beste Ergebnis des ungewöhnlichen Abends.

Löw, der sich vom ersten von zwei WM-Testspielen noch einmal Aufschlüsse für seine endgültige Kadernominierung am Montag versprach, hatte den Freiburger Nils Petersen als Sturmspitze aufgeboten. Für den 29 Jahre alten Freiburger war es das Debüt in der A-Auswahl. Viel ausrichten konnte er nicht.

Den Deutschen unterlaufen viele Abspielfehler

Hinter Petersen hatte Leroy Sané auf dem linken Flügel vor Marco Reus den Vorzug erhalten, auf dem rechten Flügel startete Julian Brandt. Der Leverkusener ist ebenso ein Wackelkandidat wie Antonio Rüdiger und Niklas Süle, die in Abwesenheit von Mats Hummels und Jerome Boateng die Innenverteidigung bildeten. Die beiden Stammverteidiger vom FC Bayern waren im Südtiroler Quartier in Eppan geblieben. Wie auch Thomas Müller, sie alle wurden von Löw geschont.

Brandt und Sané zeigten gute Ansätze, aber das war es schon. Während Brandt eine von Joshua Kimmich und Petersen eingefädelte Chance vergab, liefen über Sané drei verheißungsvolle Konter. Doch der Hochgelobte von Manchester City verpasste jeweils den rechten Moment des Abspiels, so dass die Gegenstöße nicht zu Ende gespielt werden konnte.

Und so war es an Mesut Özil, neben Neuer und Sami Khedira der dritte Weltmeister in der Startelf, Zählbares zu vollbringen. Nach einer verpatzten Abwehr von Österreichs Torwart Jörg Siebenhandl in die Füße Özils, nutzte dieser das Geschenk zur Führung.

Kurz darauf leistete sich Neuer einen ähnlichen Fauxpas, doch den Schuss von Alessandro Schöpf parierte er. Seine alte Klasse zeigte er nach einer halben Stunde, als er einen raffinierten Schuss von Florian Grillitsch aufs kurze Toreck parierte.

Von den Wackelkandidaten konnte keiner überzeugen

Doch schon gegen Ende des ersten Abschnitts unterliefen der deutschen Elf ungewöhnlich viele Abspielfehler, was in der zweiten Hälfte nach zahlreichen Wechseln noch einmal zunahm. Die Spielkontrolle war längst verloren. Denn obwohl Österreich die WM verpasst hat, so hat das Team seit dem Herbst unter dem neuen Trainer Franco Foda eine gute Entwicklung genommen. Der Sieg war der fünfte im fünften Spiel unter Foda und der erste über Deutschland seit fast 32 Jahren.

Zu Beginn der zweiten Hälfte verflachte das Spiel der Gäste Zusehens. Zunächst kam Sebastian Rudy für Khedira, was für mehr Unordnung im deutschen Spiel führte. Nach einer Ecke erzielte Martin Hinteregger wuchtig den Ausgleich. Neuer, der kurz darauf eine Chance von Marko Arnautovic entzauberte, war machtlos. Als dann auch noch Ilkay Gündogan vom Feld ging, für ihm kam Leon Goretzka, hatte Löws Elf das Spielzentrum völlig verloren. Fast schon folgerichtig erzielte Schöpf nach einem guten Spielzug die verdiente Führung für Österreich.

In der Endphase durften auch Reus, Timo Werner, Julian Draxler und Mario Gomez sich noch einmal zeigen, die für Brandt, Sané, Özil und Petersen kamen. Doch das Spiel der Löw-Elf war zerfahren, sodass auch sie keine nennenswerte Wirkung mehr erzielen konnten. Von den Wackelkandidaten konnte jedenfalls keiner so richtig überzeugen. Dafür gibt es für die restlichen Tage bis zum WM-Auftakt genügend Ansatzpunkte für die Trainingsarbeit. Oder, wie Marco Reus es hinterher sagte, „das Spiel hat gezeigt, dass wir noch einiges zu tun haben“.

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