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Matchwinner unter sich. Gomez, Kroos, Reus (von links).

© Frank Augstein/AP/dpa

Deutschlands Sieg gegen Schweden: Toni Kroos' Traumfreistoß ins Glück

In der Nachspielzeit hämmert der Spieler von Real Madrid den Ball zum 2:1 ins Tor. Und plötzlich scheint wieder alles möglich.

Die fünf Minuten, die als Nachspielzeit angezeigt waren, sind beinahe vorbei, als Deutschland noch eine Chance bekommt. Freistoß an der linken Strafraumgrenze. Toni Kroos tippt den Ball an, Marco Reus tritt drauf und Kroos zirkelt den Ball in den Winkel des langen Ecks. Ein Traum von einem Tor. Ein Tor, das Deutschland den Traum von einer Titelverteidigung zurückbringt. Dann ist Schluss, die Deutschen fallen übereinander her.

Das schien eine Viertelstunde vor Spielende kaum denkbar. Joachim Löw nahm Blickkontakt zum Schiedsrichter auf und klopfte auf seine Uhr. Der Bundestrainer mahnte die Bummeleien der schwedischen Spieler an, die sich in dieser Phase arg häuften. Den Deutschen, die erst in der zweiten Halbzeit besser ins Spiel kamen, drohte die Zeit davon zu laufen – in diesem Alles-oder-Nichts-Spiel. Sie waren gerade gut am Drücker, sie hatten viele Chancen. Die Schweden versuchten mit aller Macht und vielen kleinen Tricks, das 1:1 über die Zeit zu retten.

Dann verloren die Deutschen in der hektischen Schlussphase auch noch Jerome Boateng, der nach der zweiten Gelben Karte vom Feld musste. Doch geschenkt. Durch den 2:1 (0:1)-Sieg vor 44 287 Zuschauern sind die Deutschen zurück im Turnier. Bei einer Niederlage wäre der Weltmeister von 2014, der Titelverteidiger, bereits nach nur zwei Spielen der Vorrunde gescheitert. Während am Mittwoch die Schweden auf den Tabellenführer Mexiko treffen, spielt Deutschland im letzten Gruppenspiel zur selben Zeit in Kasan gegen Südkorea. „So wie wir gekämpft haben, haben wir es auch verdient“, sagte Kroos kurz nach dem Abpfiff.

Ich musste nach dem Spiel erstmal reanimiert werden. Fußball nimmt mich viel zu sehr mit. So viele Torchancen und kein Schuss wollte reingehen. Wir wollten schon abschalten. Gut, dass wir es nicht getan haben.

schreibt NutzerIn Charybdis66

Nicht die offensivste Formation

Joachim Löw hatte mit vier personellen Veränderungen auf die Auftaktniederlage reagiert und sein Team damit auch leicht verjüngt. Für den angeschlagenen Mats Hummels, 29, durfte Antonio Rüdiger, 25, ran und Jonas Hector, 28, ersetzte den Berliner Marvin Platenhardt, 26. Auch Marco Reus, 29, fand sich in der Startelf wieder, aber nicht für Julian Draxler, sondern für Mesut Özil, 29. Das ist wirklich ein Novum. Seit der WM 2010 stand Özil in allen 26 deutschen Turnierspielen in der Startelf.

Zudem ersetzte Sebastian Rudy in Sami Khedira, 31, einen weiteren Weltmeister. Von dem 28-Jährigen vom FC Bayern erwartete der Bundestrainer ein Mehr an defensiver Stabilität. Doch nach einer halben Halbzeit war dieser Plan durchkreuzt. Nach einer leichten Grätsche kollidierte Rudys Kopf unglücklich mit dem Bein des über ihn hinwegsegelnden Schweden. Rudy wurde an der Seitenlinie behandelt, das deutsche Team spielte fünf Minuten in Unterzahl, dann ersetzte Ilkay Gündogan den Münchner.

Es war nicht unbedingt die offensivste Formation, die Löw wählte. Trotzdem ergaben sich in den ersten zehn Minuten hochkarätige Torchancen für den Weltmeister, die aber zweimal Draxler und einmal Reus nicht nutzen konnten.

Nach gut zehn Minuten hatte die deutsche Mannschaft Glück, dass es keinen Elfmeter gegen sie gab. Nach einem Ballverlust von Rüdiger kam ein schwedischer Konter auf Jerome Boateng zu, der Marcus Berg in letzter Sekunde am Torschuss hindern konnte. Den Ball traf der deutsche Innenverteidiger jedenfalls nicht. Bei dieser WM ist schon für viel weniger auf Strafstoß entschieden worden.

Für die deutsche Elf war es an diesem Abend bereits das zweite Mexiko-Erlebnis. Bereits in der sechsten Minuten war Emil Forsberg an der Strafraumgrenze von Joshua Kimmich und Thomas Müller gestoppt worden.

Ich wünsche Rudy baldige Genesung, denn genau genommen war es seine gebrochene Nase, durch die es hauptsächlich zur Verlängerung kam. Er hat somit die Vorlage zum zweifelsohne genialen Schuss von Kroos geliefert. Also DANKE!

schreibt NutzerIn Zunke

Nach den beiden Kontern war das Team von Löw spürbar verunsichert. Nach vorn ging eigentlich gar nicht mehr. Über die hohen Bälle in den gegnerischen Strafraum freuten sich die kopfballstarken Abwehrspieler der Skandinavier, die alle bestes Schrankformat haben. Doch es sollte noch schlimmer kommen. Nach einem Abspielfehler von Toni Kroos auf Gündogan rollte erneut ein Gegenstoß auf das deutsche Tor zu. Die Flanke verwandelte Ola Toivonen mit dem Fuß lupfend, wobei auch Rüdiger den Ball noch leicht abfälschte und ihm einen Drall verpasste, sodass der Ball für Neuer nicht haltbar war.

Gomez bringt Schwung

Ihrem Kapitän hatten es die deutschen Spieler wenig später zu verdanken, dass es nicht mit einem 0:2 in die Pause ging. Kurz vor dem Halbzeitpfiff lenkte Neuer mit einer Glanztat einen Kopfball von Berg um den Pfosten. Zu Beginn der zweiten Halbzeit kam Mario Gomez für Draxler, der stetig abgebaut hatte. Und nach einem scharfen Flachpass vom agilen Timo Werner, den Gomez irgendwie verlängerte, traf Reus aus Nahdistanz zum Ausgleich. Es war das erste deutsche WM-Tor seit dem Finaltreffer von Mario Götze vor vier Jahren.

Dieses erste kleine Erfolgserlebnis beflügelte Löws Mannschaft, die jetzt mutiger kombinierte und in Spiellaune kam. Nach knapp einer Stunde scheiterte der hoch aufgerückte Linksverteidiger Hector am schwedischen Torhüter Robin Olson. Löw ruderte an der Seitenlinie mit seinen Armen. Er wollte mehr davon. Aber er applaudierte auch, weil er jetzt endlich jene Reaktion seiner Elf sah, die er gefordert und versprochen hatte.

Kurz darauf versemmelte Reus einen wunderschönen Pass von Kimmich, weil er diesen mit der Hacke verwerten wollte, was ihm misslang. Wenig später konnte auch Gomez aus Nahdistanz eine Flanke von Boateng nicht aufs Tor bringen. Neben vielen kleinen Torchancen, die vergeben wurden, hatte kurz vor Schluss erst Gomez Pech, als sein Kopfball nicht im Tor landete; Schwedens Torwart-Hüne hatte den Ball mit einem Superreflex über die Latte gelenkt. In der Nachspielzeit knallte ein Schuss des eingewechselten Julian Brandt an den Pfosten. Aber dann kam noch Toni Kroos - und regte zum Träumen an.

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