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Das war ihr Ding. Steffi Graf bei ihrem letzten Turnier von Berlin im Mai 1999.

© dpa

Deutschlands Tennisstar wird 50: Erinnerungen an die Steffi-Graf-Open

Das Turnier von Berlin war ein Stück Heimat für Steffi Graf und ihre Fans, die dort auch mal sehen durften, wie sie von unten aufschlug.

Wenn die Königin in die Stadt kam, dann war der Rummel in den Tagen zuvor schon groß. So weit sich so etwas in den medial - aus heutiger Sicht gesehen – eher betulichen Spätachtzigern in Berlin sagen ließ. Jedenfalls gab es schon an den Tagen vor dem großen Turnier am Hundekehlesee keinen Tag in dem in der Abendschau des Sender Freies Berlin (SFB) nicht über Steffi Graf berichtet wurde. Meist lief Hans-Jürgen Pohmann, Graf-Bekannter, durch das Fernsehbild und sprach aufgeregt und gekonnt mit oder über „Stefanie Graf“, wie er den deutschen Tennisstar nannte. Da gab es dann zum Beispiel mal eine skurrile SFB-Befragung auf dem Kudamm. Frage an den Passanten: „Wen mögen sie mehr, Boris Becker oder Steffi Graf?“ Gefragter, gesetzter Mann antwortet: „Boris Becker.“ Warum? „Na, Boris Becker ist ein Mann, Steffi Graf eine Frau.“

Muss man nicht verstehen, wäre heute kaum denkbar. Steffi Graf jedenfalls bekam dieses Interviewschnipsel von Pohmann vorgespielt und lächelte das professionell weg. So war sie die Steffi Graf, ohne die es das Turnier in Berlin so nie gegeben hätte. Zwischen 1986 und 1996 gewann sie die German Open neun Mal, auf der Anlage des LTTC Rot-Weiß konnten die Berliner der besten deutschen Tennisspielerin näher kommen als jeder anderen deutschen Sportgröße seinerzeit. Die Heidelbergerin Graf war mit ihren alljährlichen Auftritten in Charlottenburg ein großes Stück Sportberlin. Die Tickets für den viel zu kleinen Centre Court waren jedes Jahr ratzfatz weg und kaum zu haben für Normalsterbliche, für den B-Platz aber gab es zum Glück Karten zu moderaten Preisen und vor allem auch Studententickets.

Die Unschlagbare war in Berlin gar nicht mal so unnahbar

Auf dem zweitgrößten Platz war an einer Längsseite eine große Tribüne. Wenn man sich dort ganz oben an den Rand stellte, dann ließ sich die Hälfte des Centre Courts einsehen. Oft standen wir Studenten oben, gerade wenn Steffi Graf im Einsatz war. Denn alle anderen Spielerinnen waren eben verglichen mit der Deutschen nur zweite Wahl. Ihre unglaubliche Erfolgstrecke von Berlin hatte 1986 mit dem Sieg gegen Martina Navratilova begonnen.

„Die alte Dame ist nicht warm geworden, da war das schon vorbei", sagte ein Freund von mir. Ein Jahr später hatte sie Claudia Kohde-Kilsch im Finale geschlagen. Die hatte zuvor noch einen „Stern-Titel“ gehabt und dort erzählt, wie sie Nummer eins der Welt werden wollte. Das wurde dann aber nichts, denn Steffi Graf war davor und zog an ihr vorbei.

Graf war schließlich unschlagbar und die Unschlagbare war in Berlin gar nicht mal so unnahbar. Sie spielte nämlich auch im Doppel und einmal, trat sie am frühen Abend auch auf dem zweiten Platz an, dem Centre Court der nicht so Betuchten und Glücklichen. Die Tribüne war entsprechend voll, Steffi Graf hatte ihren Spaß und wollte das Spiel mit einem Aufschlag von unten beenden, was leider nicht klappte. Aber das war egal, das kam beim Publikum gut an. Die Menschen lachten und klatschten und jubelten. Und es wurden Jahr für Jahr mehr Fans am Hundekehlesee, im Jahr 1990 errichteten sie am dem zweiten Platz eine temporäre Tribüne für die neuen ostdeutschen Mitbürger, die ja nun nach Charlottenburg reisen durften. Das Konstrukt war bei freiem Eintritt – fast immer voll. Steffi Graf allerdings spielte aber auf einem anderen Platz. Und auf dem Centre Court brannte selten etwas an, bis zur der Finalniederlage 1990 gegen Monica Seles. Aber das war ja schon eine Majestätsbeleidung.

Das Turnier war Steffi Grafs Turnier

Denn an sich war Steffi Graf unantastbar, dass war seit 1988 klar. In dem Jahr gelang ihr der „Golden Slam“, wie alle sagten. Alle vier Grand-Slam-Titel und auch noch Olympia-Gold in Seoul geholt. Mehr ging nicht. Graf, die Tennismaschine. Die Tennismaschine war außerhalb ihrer Generation unheimlich beliebt, auch an der Hundekehle waren ja eher reifere Tennisfans unterwegs. In der Generation der Gleichaltrigen war sie nicht nur das große Idol. Wer immer siegt, der macht seinen Sport nicht unbedingt spannender. Und dann hatte die Steffi ja auch abseits des Platzes eben wenig zu sagen, sie war ein Stück weit entrückt mit ihrer Wahlheimat Florida. Ein Kommilitone regte sich mal wahnsinnig darüber auf, als die Graf vor einer Pressekonferenz zu den Bedingungen auf dem Platz sagte, dass „alles ganz schön humid“ sei.

1996 gewann sie zum letzten Mal in Berlin, für sie hatten sie den Centre Court auf 7000 Zuschauerplätze erweitert, da bekamen auch Studenten Tickets. Karina Habšudová war die Letzte, die in Berlin bei den German Open gegen Steffi Graf ein Endspiel verlor. 1999 war Graf dann letztmals beim Turnier in Berlin, sie verlor im Viertelfinale gegen die Französin Julie Halard-Decugis. Heute trägt zwar das Stadion zwar Grafs Namen, aber vom Glanz der Achtziger und Neunziger ist - ganz freundlich formuliert - nichts mehr übrig an der Anlage an der Hundekehle, die das Turnier ja schon lange nicht mehr beheimatet.

Das Turnier war Steffi Grafs Turnier. Es waren die Steffi-Graf-Open. Als sie dann ihren Abschied nahm, realisierten wir erst so richtig, wen wir da verloren hatten. Ein guter Freund von mir, jahrelang mit mir bei den Graf-Auftritten in Berlin dabei, sah sie 1999 bei den French Open bei ihrem Sensationsabschiedssieg gegen Martina Hingis. Wir haben einen ganzen Abend darüber geredet. Tennis war damals groß in Deutschland, vor alelm auch weil Steffi Graf so groß war.

Steffi Graf ist im Laufe ihrer Karriere, ganz abgesehen von all den Nebengeräuschen um sie herum wie die Affären um ihren Vater, immer weiter gewachsen und immer sympathischer geworden. Nicht allen Sportlern gelingt das nach ihrer Karriere. Boris Becker, der ihr am Donnerstag einen Tag zu früh gratulierte, kann sein Lied davon singen. Erst am Freitag wird Stefanie Graf 50 Jahre alt. 

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