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DFB-Chefscout Siegenthaler: „Brasilien läuft nicht mehr so viel“

Was Urs Siegenthaler bei der Copa America auffiel.

Herr Siegenthaler, wie schätzen Sie das Niveau der Copa America bisher ein?

Das Niveau des Turniers war in der Vorrunde hoch. Mit Beginn der K.-o.-Runde war zu beobachten, dass die Mannschaften auch etwas zu verlieren hatten. So hat Venezuela im Viertelfinale nicht mehr so befreit aufgespielt und ist dann auch prompt ausgeschieden.

Haben Sie eine neue Entwicklung im südamerikanischen Fußball entdeckt?

Dass der südamerikanische Fußball technisch besonders stark ausgeprägt ist, ist kein Geheimnis. Mittlerweile sind aber auch die taktische Disziplin und die Organisation noch besser geworden. Der Einfluss der in Europa spielenden Profis ist noch deutlicher spürbar als in der Vergangenheit. Insgesamt ist das Spiel offensiver ausgerichtet, zumindest in der Vorrunde – und mit Ausnahme Brasiliens.

Haben die defensiven Brasilianer Sie überrascht?

Die Brasilianer laufen nicht mehr so viel, wie man es aus der Vergangenheit kennt. Es gab erstaunlich viele Querpässe und nicht so viele Versuche, den Ball direkt nach vorne zu spielen. Es wird interessant sein zu beobachten, ob sich dieses System in der Zukunft in Brasilien durchsetzen kann. Zumal gerade die U 20 bei der WM in Kanada mit ähnlichen Problemen ausgeschieden ist.

Welche Zukunft hat die bislang so überzeugende argentinische Mannschaft?

Argentinien muss vor der Zukunft nicht bange sein, auch wenn es bis zur WM 2010 sicher zu einem Umbruch kommen wird. Einige Spieler sind schon älter als 30 und werden das Niveau nicht halten können. Aber es wachsen viele überdurchschnittliche Talente nach, die diese Lücken schließen können.

Haben Sie neue Stars gesehen?

Mittlerweile ist es ja so, dass die überwiegende Zahl der Spieler ohnehin in Europa spielt, daher sind die meisten Spieler schon bekannt. Cristian Benitez aus Ekuador und der Mexikaner Nery Castillo, der in Griechenland unter Vertrag steht, haben die Bühne genutzt. Und natürlich Juan Roman Riquelme, der Argentinier, hat mich hier wirklich begeistert. Ich hoffe, dass er den Schritt nach Europa noch einmal wagt.

Das Gespräch führte Tobias Käufer.

Urs Siegenthaler, 59, ist seit zwei Jahren Chefscout der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Zuvor arbeitete der Schweizer unter anderem als Trainer-Ausbilder bei der Fifa.

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