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Applaus für die Fans. Auch nach dem Testspiel gegen Peru Anfang September in Sinsheim bedankten sich die Nationalspieler besonders bei den Zuschauern.

© Daniel Maurer/dpa

DFB-Team in Berlin: Neue Nähe zu den Fans - nicht ganz freiwillig

Die WM und das Drumherum haben der Nationalmannschaft viel Kritik eingebracht. Ein öffentliches Training diesen Dienstag in Berlin soll die Fans versöhnen.

In einem feinen Hotel im Hinterland des Zoologischen Gartens werden sich im Verlauf des Dienstagvormittags die deutschen Fußballnationalspieler einfinden. Ein paar Stunden später werden sie sich dann im knapp zehn Kilometer entfernten Amateurstadion von Hertha BSC auf dem Gelände des Olympiaparks 5000 Zuschauern präsentieren. Die Nationalmannschaft wird eine öffentliche Trainingseinheit abhalten. Das geschieht nicht ganz freiwillig, sondern eher auf Druck der Basis.

Sowohl im gut zweiwöchigen WM-Vorbereitungs-Trainingslager in Südtirol, als auch beim Turnier in Russland selbst öffnete Bundestrainer Joachim Löw nur etwas widerwillig die Tür zum Nationalteam für ausgewählte Fans. Von einem klassischen öffentlichen Training, wie man es aus der Vergangenheit kennt, hätte sich der 58-Jährige in seiner sommerlichen Entrücktheit anscheinend zu sehr gestört gefühlt.

Das soll nun nachgeholt werden. Am Dienstag wird die deutsche Mannschaft in Herthas Amateurstadion zwischen 17.30 Uhr und 18.30 öffentlich trainieren. Es werde kein Show-Training, wie aus DFB-Kreisen zu hören ist, sondern eine reguläre Übungseinheit. Alle 5000 Tickets sind bereits seit Freitag vergeben. Die Hälfte der kostenlosen Eintrittskarten ging an junge Fußballerinnen und Fußballer aus Berliner Vereinen, den Rest verteilte der Deutsche Fußball-Bund.

Für viele hat die DFB-Spitze jeglichen Bezug zur Basis verloren

Der DFB hatte dabei den Berliner Verband (BFV) um Amtshilfe gebeten. Und der BFV hatte seine knapp 400 Vereine (rund 150.000 Mitglieder) um Bewerbungen aufgefordert. 2500 Tickets seien wegen der großen Nachfrage rasch vergeben gewesen, sagte BFV-Präsident Bernd Schultz.

Das historisch schlechte Abschneiden des Löw-Teams bei der WM hatte reichlich Kritik hervorgerufen. Sie galt neben der arroganten und übergeschnappten Spielweise vor allem dem selbstgefälligen Auftreten und Gehabe der Elite-Gruppe. Sie habe sich in den zurückliegenden Jahren schleichend so weit wie noch nie von der Basis entfernt.

So denken auch jene Fußballfans, denen man eine ausgewiesene Grundsympathie für das Nationalteam unterstellen darf. Kommerzielle Auswüchse wie überteuerte Eintrittspreise zu Länderspielen sowie familienunfreundliche Anstoßzeiten stoßen den Fußballfans schon seit Jahren auf. Für viele hat die Verbandsspitze jeglichen Bezug zur Basis verloren. Erst Ende August, zwei Monate nach dem WM-Debakel, hatte Oliver Bierhoff Versäumnisse eingeräumt, man wolle sich wieder den Fans zuwenden. „Uns hat die richtige Einstellung gefehlt“, hatte der Nationalmannschaftsmanager in seinem WM-Fazit gesagt. „Wir sind selbstgefällig aufgetreten, wir haben die Unterstützung der Fans für zu selbstverständlich gehalten.“ Dass dem DFB-Team gerade in diesem WM-Sommer eine Entfremdung von der Basis vorgeworfen worden war, „hat mich besonders getroffen“, sagte Bierhoff. Man werde versuchen, „Nahbarkeit und Bodenständigkeit wieder zu intensivieren. Wir müssen wieder Nähe aufbauen.“

2006 kamen 42.000 Fans zum Training

Als erste Maßnahme wurde beschlossen, in Berlin eine öffentliche Trainingseinheit zu absolvieren – vor den beiden wichtigen Auswärtsspielen in der Nations League am Samstag in Amsterdam gegen die Niederlande und drei Tage später in Paris gegen Frankreich.

Die öffentliche Einheit darf als erstes Entgegenkommen gewertet werden. „Ich erkenne den positiven Ansatz, sich wieder seinem Publikum zuzuwenden“, sagte BFV-Präsident Schultz. Das sei zwar begrüßenswert, so der 61-Jährige, „aber es kann nur ein erster Schritt sein, weitere müssen folgen“. Die 5000 Tickets waren rasch vergriffen. Insofern stellt sich die Frage, warum die Nationalmannschaft nicht ins benachbarte Olympiastadion gegangen ist. Bernd Schultz hat hierzu keine Informationen vom DFB erhalten. Vielleicht war dem Verband der Aufwand zu groß.

Das war mal anders. Als Jürgen Klinsmann noch Bundestrainer war und die Weltmeisterschaft in Deutschland anstand, waren öffentliche Trainingseinheiten des Nationalteams ein wahrer Renner. So kamen im Mai 2006 mehr als 42.000 Fans ins Düsseldorfer Stadion, um Kapitän Michael Ballack und Co. zu sehen.

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