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Der Neue. Andreas Rettig, seit ein paar Monaten im Amt als DFL-Geschäftsführer, kritisiert den DFB.

© dpa

DFL kontra DFB: Immer auf den Großen

Die DFL attackiert den DFB und positioniert sich nebenbei als treibende Kraft im deutschen Fußball. Andreas Rettig, Geschäftsführer der DFL, fordert Mitsprache bei der Wahl des Sportdirektors.

Wolfgang Niersbach, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), ist ein passionierter Zeitungsleser, und am liebsten ist ihm immer noch die klassische Variante auf Papier. Die Zeitungslektüre am Montag dürfte ihm allerdings nicht besonders gut gefallen haben. In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, die dem DFB-Präsidenten sonst durchaus gewogen ist, war eine ziemlich heftige Attacke auf Niersbach und seinen Verband zu lesen. Geführt wurde sie von Andreas Rettig, dem Geschäftsführer der Deutschen Fußball- Liga (DFL). Rettig empfahl dem DFB eine Strukturreform, kritisierte das Vorgehen bei der EM-Bewerbung 2020 und forderte ein Mitspracherecht der DFL bei der Besetzung des vakanten Sportdirektorenpostens.

Im Kern aber geht es um mehr als Personal- und Strukturfragen – es geht um Macht und Einfluss im deutschen Fußball. Und da scheint die DFL die Gunst der Stunde nutzen zu wollen: jetzt, da der DFB vor allem mit sich selbst beschäftigt ist.

Dessen Reputation hat in den vergangenen Wochen ein paar Kratzer abbekommen. Innerhalb eines Jahres ist dem Verband zum zweiten Mal der Sportdirektor abhanden gekommen, dazu gesellen sich die jüngsten Misserfolge der Nachwuchsteams. Die U-21-Nationalmannschaft ist gerade bei der Europameisterschaft in Israel schon in der Vorrunde gescheitert, und die U 19 hat zum wiederholten Male die Endrunde verpasst. So glänzend scheinen die Perspektiven des deutschen Nachwuchses dann doch nicht zu sein. Im Gegensatz dazu steht die von der DFL repräsentierte Bundesliga hervorragend da. Und diese Position der Stärke vertritt die DFL nun zunehmend nach außen.

Auf Rettigs Einlassungen hat Niersbach in ungewohnter Schärfe reagiert: „Wenn ein Mann, der noch kein halbes Jahr bei der DFL angestellt ist, so ziemlich alles und jedes in unserem Verband dazu noch sachlich falsch infrage stellt, ist dies anmaßend und völlig unangebracht.“ In der Tat ist manches seltsam: dass beispielsweise kolportiert wird, der DFB habe bei der Kaderzusammenstellung für die U-21- EM zu viel Rücksicht auf die Vereine genommen. Früher, zu Zeiten von Bundestrainer Jürgen Klinsmann, hat die Bundesliga diese Rücksichtnahme immer explizit eingefordert. Vor der EM hatte es aus der Liga auch keine einzige kritische Stimme gegeben, dass Spieler wie Götze, Draxler oder Gündogan in der U 21 fehlten. Nach dem frühen Ausscheiden wurde genau das plötzlich von allen bejammert.

Es ist auffällig, wie die DFL gerade versucht, sich auf Kosten des DFB zu profilieren. DFL-Geschäftsführer Christian Seifert hat den großen Bruder vor kurzem via „Sportbild“ aufgefordert, sich für die Austragung der EM 2024 zu bewerben. Das Thema war zu diesem Zeitpunkt längst im DFB-Präsidium behandelt worden – was auch Seifert hätte wissen müssen: Er gehört dem Gremium qua DFL-Amt an. Insofern ist auch Rettigs Hinweis, dass die Entscheidung über den Sportdirektor „keine exklusive Entscheidung des DFB sein“ könne, eine Binsenweisheit. Über den Posten des Sportdirektors und dessen möglicherweise neues Jobprofil berät in erster Linie das DFB-Präsidium. Und in dem sitzen neben Seifert noch drei weitere Vertreter der DFL.

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