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Sport: Die am wenigsten Schlechten

Arnd Zeigler fühlt sich an alte Kinderzeiten erinnert

Als Kind habe ich mit dem Radiorecorder meines Bruders (Nordmende) immer Musik aus dem Radio aufgenommen. Vorzugsweise auf NDR 2 in der Internationalen Hitparade. Damals habe ich mich gefragt, warum es eigentlich grundsätzlich eine Nummer 1 gibt. Es gibt doch wahrhaftig Phasen, wo es gar keine guten „Lieder“ (so nannte ich das damals) gibt – also muss es auch Phasen geben, in denen man beschließt: „Im Moment gibt es nichts wirklich Dolles, also hat die Hitparade diesmal keinen Platz 1! Vielleicht ist ja nächste Woche wieder etwas Tolleres dabei.“ So habe ich mir das als Kind vorgestellt.

In der Bundesliga anno 2003 begegnet mir dieser Gedanke wieder. Die Bayern sind Meister! Aber nicht, weil sie die Besten sind, sondern die am wenigsten Schlechten. Manchmal findet man das Phänomen auch in der Politik – etwa beim Posten des Bundeskanzlers. Aber das ist ein anderes Thema.

Immerhin bewahrt uns Bayerns Titelgewinn davor, weiterhin Matthias Sammers semigeistreicher Stammelei ausgesetzt zu sein, der jede Woche entweder beleidigt ist, weil man sein Team für den Favoriten auf den Titel hält (letzte Saison), oder für zu schwach, ihn zu gewinnen (diese Saison). Dortmund wäre gerne wie die Bayern, hätte auch die Voraussetzungen dazu, so zu sein, macht aber nach außen hin immer noch einen auf ehrlicher Malocherverein und merkt darüber nicht, wie neureich-prollig-protzig und schnöselig der Klub in Wirklichkeit daherkommt. Die Hertha leidet unter chronischer Großmannsssucht, Schalke unter ihrer Volkstümelei. Nein, danke, dann lieber echte Arroganz. Gratulation, Bayern.

Arnd Zeigler ist Radiomoderator und Stadionsprecher des SV Werder Bremen.

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