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Sport: Die besten Piloten sind gerade gut genug

SILVERSTONE .Es werden noch Wetten auf den Sieg angenommen.

SILVERSTONE .Es werden noch Wetten auf den Sieg angenommen.Schumacher, Häkkinen, Coulthard - die Quoten für die Top-Favoriten beim England-Grand-Prix in der Formel 1 fallen bei den Londoner Buchmachern erwartungsgemäß sehr gering aus.Ganz anders ist es bei Ricardo Rosset.Aber auf den 29jährigen im Tyrell-Ford setzt niemand auch nur ein Pfund.Der Grund dafür ist plausibel: Selbst wenn alle 21 Kontrahenten ausfallen würden, hätte der Brasilianer den Sieg noch längst nicht in der Tasche.Viel wahrscheinlicher ist, daß er im Qualifying an der 107-Prozent-Hürde (maximal erlaubtes Überschreiten der Bestzeit) scheitert und das Rennen von der Boxengasse aus betrachten muß.In Barcelona und in Monte Carlo ereilte Rosset dieses Schicksal, und selbst Formel-1-Kollegen stellen mittlerweile laut die Frage, was dieser ehemalige Formel-3000-Pilot in der Motorsport-"Königsklasse" überhaupt verloren habe.

Ken Tyrell, Ex-Holzfäller und Team-Namensgeber, ging es wohl ebenso."Wir haben die Firma im vorigen November verkauft", erzählt er."Geplant war, daß mein Sohn Bob und ich das Team bis Ende 1998 managen würden, so daß ich ein Jahr Zeit gehabt hätte, mich von 30 Jahren Grand-Prix-Sport zu verabschieden.Als klar wurde, daß sich unsere Vorstellungen nicht mit denen der neuen Besitzer deckten, sind wir zurückgetreten."

Tyrell vermeidet es, die Verpflichtung Rossets als den wahren Grund zu nennen.Selbst Tyrell-Mechaniker geben sich bei diesem Thema sehr einsilbig.Hinter vorgehaltener Hand wird allerdings immer wieder geflüstert, und das soll zuvor schon bei Arrows und Lola der Fall gewesen sein, daß die Zahlungen des Mannes aus Südamerika die Teamkassen gefüllt und ihm den Weg in den Tyrell-Ford geebnet haben.

1999 freilich wird dann alles ganz anders.Dann kann (und muß) sich Craig Pollock, der neue Teamchef und einstige Lehrer von Weltmeister Jacques Villeneuve am Internat in Villars-sur-Ollon, einen solchen Flop des Geldes wegen nicht mehr leisten.Mit British American Racing (BAR) wird er von Brackley in Mittelengland aus - unweit von Silverstone gelegen - in die Formel-1-Szene einsteigen.Das Kapitel Tyrell hat sich damit erledigt, Namen wie Rosset und Takagi (derzeit die Nummer eins im Team) werden keine Rolle mehr spielen.Für Pollock und Konstrukteur Adrian Reynard sind vielmehr die Besten gerade gut genug.

Der Motorpartner Supertec mit seinen Zehnzylinder-Triebwerken aus der Renault-Rennsportabteilung garantiert Konkurrenzfähigkeit.Villeneuve ist schon heute bereits ein Thema für BAR, obwohl er selbst den Deal immer wieder dementiert hat."Dieses Risiko werde ich nicht eingehen", meint der Kanadier, allerdings wenig überzeugend.Pollock dagegen bringt sogar den Namen Michael Schumacher ins Spiel ("Wir müssen alles versuchen."), während die "Daily Mail" in ihrer gestrigen Ausgabe Ex-Weltmeister Damon Hill (derzeit bei Jordan nur mäßig erfolgreich) als ganz heißen Kandidaten ins Spiel bringt.Bei der zu leistenden Entwicklungsarbeit in der Startphase könnte ein junger Fahrer (Wurz, Fisichella, Müller und sogar der Mercedes-Junior Heidfeld) maximal die Rolle der Nummer zwei einnehmen und nicht mehr.

Tatsache ist, daß Geld bei BAR zukünftig nicht entscheidend sein wird.Mit der "British American Tobacco Group" als Hauptsponsor, die mit 56 000 Angestellten in über 50 Ländern 12,8 Prozent des Weltmarktes beherrscht, wird man den Top-Teams gegenüber nicht mehr zurückstehen müssen.Ein Glück für die Formel 1, Pech aber für einen Mann wie Ricardo Rosset.Aber vielleicht helfen die Millionen seines Vaters erneut bei einem anderen Team.Es sind viele nicht gerade auf Rosen gebettet.Nur wetten sollte man auf den Brasilianer auch in Zukunft wohl eher nicht.

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