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© AFP

Sport: Die Besten sprechen die gleiche Sprache

Der Portugiese Cristiano Ronaldo und die Brasilianerin Marta sind die Weltfußballer des Jahres 2009.

Na, da hat sich der Einsatz doch gelohnt. Von Michael Ballack war nicht viel zu sehen am Sonntag. 0:3 verlor sein FC Chelsea im Spitzenspiel der Premier League bei Manchester United, aber für ein Souvenir hat es noch gereicht. Beim Trikottausch stand der Deutsche zur rechten Zeit am rechten Fleck und sicherte sich das Trikot von Cristiano Ronaldo. Was sind schon drei Punkte gegen das Leibchen des besten Fußballspielers der Welt?

So darf sich der Portugiese seit Montag ganz offiziell nennen. Im Zürcher Opernhaus zeichnete ihn der Weltfußballverband Fifa als Weltfußballer des Jahres aus. Eine Jury aus Trainern und Kapitänen von Nationalmannschaften hatte ihn deutlich vor dem Argentinier Lionel Messi und dem Spanier Fernando Torres gewählt. Michael Ballack kam als bester Deutscher auf Rang 14, der Franzose Franck Ribéry von Bayern München wurde 18. Zur Weltfußballerin des Jahres wurde zum dritten Mal in Folge die Brasilianerin Marta gekürt – die deutsche Stürmerin Birgit Prinz wurde Zweite, Torfrau Nadine Angerer Vierte.

Auch wenn Cristiano Ronaldo hernach von einem „überwältigenden Moment in meinem Leben“ sprach, war diese Wahl für ihn doch nicht viel mehr als reine Formsache. Er hat nie daran gezweifelt, denn Zweifel an seiner Klasse sind dem 23 Jahre alten Portugiesen fremd. Dem „Daily Telegraph“ hat er mal erzählt: „Ich bin der beste, zweitbeste und drittbeste Spieler der Welt.“ Seine gar nicht so wenigen Kritiker dagegen behaupten, Cristiano Ronaldo spiele genauso, wie er spricht. Arrogant und affektiert. Er hat Spaß daran, seine Gegner der Lächerlichkeit preiszugeben, das Schinden von Elfmetern gilt ihm als legitimes Stilmittel, und als er bei der WM 2006 im Viertelfinale gegen England den Schiedsrichter gestenreich dazu aufforderte, seinen United-Kollegen Wayne Rooney vom Platz zu stellen, da hatte er auf einmal ganz England gegen sich.

Dieses ist die eine Dimension des Phänomens Cristiano Ronaldo.

Die andere raubt dem Publikum in der Premier League und auf der ganzen Welt Woche für Woche den Atem. Cristiano Ronaldo ist einer, wie es ihn im Hochgeschwindigkeitsfußball des 21. Jahrhunderts eigentlich gar nicht mehr geben darf. In einem Zeitalter, da taktische Disziplin alle Individualität zu unterdrücken scheint, verdankt ihm der Fußball die Renaissance des Dribblings. Cristiano Ronaldo hat eine vermeintlich brotlose Kunst wieder zu einem kostbaren Gut gemacht, das dem stromlinienförmigen Spiel ein Stück Schönheit zurückgibt.

Ein typisches Ronaldo-Solo beginnt meist im Niemandsland in Höhe der Mittellinie. Zunächst scheinbar desinteressiert macht er sich mit dem Ball auf dem Weg und lässt den ersten Gegenspieler stehen. Mit jedem Schritt mehr Tempo auf, lässt Gegenspieler stehen, die langen Beine kreisen in Schlaufen über den Ball, am Ende steht entweder eine gelungene Flanke oder ein gefährlicher Torschuss.

Sein Klubtrainer Alex Ferguson sieht in ihm das Ausnahmetalent einer Generation, wenn nicht eines ganzen Jahrhunderts. Denn Cristiano Ronaldo kann nicht nur dribbeln, er hat einen Schuss wie ein Pferd und ist einer der besten Kopfballspieler in der traditionell kopfballstarken Premier League.

Früher war sein Spiel zu 70 Prozent Show und zu 30 Prozent Wettkampf. Heute kann Ronaldo kann in jedem Spiel den Unterschied machen, und wie groß dieser Unterschied ist, das sieht man erst, wenn er einmal nicht den Unterschied macht. So wie vor einem halben Jahr in Basel, achtzig Kilometer westlich vom Züricher Opernhaus, wo er am Montag geehrt wurde. Im EM-Viertelfinale gegen Deutschland hatte ganz Portugal auf eine solche Ronaldo-Gala gehofft, aber der beste Spieler der Welt bekam kein Bein auf den Boden gegen einen Verteidiger, dessen Namen er wahrscheinlich gar nicht kannte. Arne Friedrich ließ Ronaldo kein einziges Mal vorbei und verlangte später nicht mal dessen Trikot.

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