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Sport: Die blaue Stunde

Von Hartmut Scherzer Lorient. Kein Sieg.

Von Hartmut Scherzer

Lorient. Kein Sieg. Kein Gelbes Trikot. „Armstrong battu.“ Armstrong geschlagen. Die Stimmen der Kommentatoren überschlugen sich. „Sensation.“ Auch der Mann aus Texas kann schwächeln. Zum Sieg im 52 Kilometer langen Kampf gegen die Uhr rund um die bretonische Hafenstadt Lorient fehlten dem dreimaligen Sieger der Tour de France elf Sekunden. Der Kolumbianer Santiago Botero war in 1:02:18 Stunden und mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50,080 km/h schneller. Den 34-Sekunden-Rückstand gegenüber dem Spanier Igor Gonzalez de Galdeano im Gelben Trikot konnte der Amerikaner lediglich um acht Sekunden verkürzen. Armstrong fehlen nun 26 Sekunden auf den Führenden im Gesamtklassement.

„Ich bin enttäuscht“, sagte Lance Armstrong, als er aus dem Bus seines Teams US Postal kletterte, wo er – völlig ungewohnt – das Finale der letzten Fahrer am Monitor verfolgt hatte. „Ich bin enttäuscht, weil ich erstens die Etappe nicht gewonnen und zweitens das Gelbe Trikot verloren, äh, nicht geholt habe – es war kein großer Tag, aber auch kein schrecklicher Tag.“ Armstrong muss nach dem heutigen Ruhetag auch am Mittwoch im blauen Trikot des US-Postal-Teams antreten. „Das war heute schwerer, als ich erwarte hatte“, sagte Armstrong. Zu schnell sei er das Rennen angegangen. „Aber das bringt dich zum Schluss in Schwierigkeiten, Igor aber ist sehr stark gefahren.“ Seit nunmehr sechs Tagen trägt Igor Gonzalez de Galdeano das Gelbe Trikot. Über den Mann, der ihn zum ersten Mal seit drei Jahren in einem Zeitfahren bei der Tour de France bezwungen hatte, sagte Armstrong: „Wenn einer eine Stunde früher losfährt, könnte er einen Vorteil haben." Veränderte Windverhältnisse zum Beispiel.

Seine Frau Kristin mit Sohn Luc auf dem Arm sorgte am Bus dafür, dass die Enttäuschung schnell wich. „Man muss die Tour als Ganzes sehen“, sagte Armstrong. Zumal jetzt die Berg-Etappen bevorstehen. Lance Armstrong, Zweiter des Gesamtklassements zwischen den beiden Once-Fahrern Gonzalez de Galdeano (26 Sekunden Vorsprung) und Beloki (57 Rückstand auf den Amerikaner), bleibt gelassen. „Mental bin ich okay.“

Das Ergebnis des Zeitfahrens lautete: Botero elf Sekunden vor Armstrong, 18 Sekunden vor Ex-Weltmeister Sergej Gontschar (Ukraine), 19 Sekunden vor Gonzalez de Galdeano. Nach 35,1 Kilometern hatte Armstrong mit seinen schnellen Tritten zeitgleich zu Botero aufgeschlossen. Der Träger des Gelben Trikots hatte hier sieben Sekunden Rückstand. „Venga, venga“, vorwärts, vorwärts, hatte dessen Teamchef Manolo Saiz seinen Spitzenfahrer über Megaphon angewiesen. Seine Stimme hätte Saiz schonen können: Armstrong war auf den letzten fünf Kilometern nicht mehr stark genug, das Gelbe Trikot zu gefährden, geschweige denn, es Gonzalez de Galdeano zu entreißen.

Wer Lance Armstrong mit seiner ersten Niederlage in einem Zeitfahren bei der Tour seit seinem Comeback 1999 konfrontiert, dem hält er entgegen: „Ich habe 2000 und letztes Jahr den Prolog nicht gewonnen.“ Diese kurzen Strecken gelten aber kaum als richtiges Zeitfahren. Armstrongs Souveränität scheint angeschlagen. Denn die beiden vorangegangenen Zeitfahren dieser Saison hatte der Spezialist für die Einzelfahrt gegen die Uhr ebenfalls verloren: Beim Grand Prix Midi Libre gegen Gonzalez de Galdeano und bei der Dauphine Libéré gegen Botero.

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