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Sport: Die Bleischuhe anbehalten

Die Kirche in Rivenich an der Mosel ist nicht berühmt. Am Ostersonntag ist Klaus Toppmöller mit seiner Frau trotzdem dorthin gefahren in die Messe.

Die Kirche in Rivenich an der Mosel ist nicht berühmt. Am Ostersonntag ist Klaus Toppmöller mit seiner Frau trotzdem dorthin gefahren in die Messe. "Einmal im Jahr soll man in die Kirche gehen" sagte er mit einem Augenzwinkern. Der Trainer von Bayer Leverkusen hat sofort glaubhaft versichert, er werde im Gotteshaus seines Heimatortes mit seinen 800 Einwohnern nicht dafür beten, dass er Deutscher Meister wird und das im Hinspiel des Viertelfinales der Champions League morgen beim FC Liverpool ein Sieg herausspringt. "Das kriegen wir schon selbst gebacken, da kann uns keiner helfen." Nur Willibert Kremer. Der ehemalige Bundesligatrainer von Duisburg, Düsseldorf und Leverkusen sowie Spiele-Beobachter von Bayer "ist rüber, um sich die anzuschauen", sagte Toppmöller. "Ich habe sie selbst schon gesehen. Wir geben die Favoritenrolle gerne ab an Liverpool." So einfach wird das jedoch nicht gehen. Auch die Engländer haben sich beim 4:2-Erfolg in Kaiserslautern vom neuen Selbstvertrauen der Leverkusener überzeugen können.

"Wir reisen diesmal erst einen Tag vorher an", teilte Manager Reiner Calmund mit. "Das haben wir sonst noch nie gemacht." Als wolle er den Tag länger in Leverkusen rechtfertigen, meinte der Bayer-Manager: "Liverpool ist unser 50. Pflichtspiel, wir haben bis jetzt 14 Champions-League-Spiele gemacht." Und Klaus Toppmöller zitierte die "neue Weltrangliste" des Weltverbandes Fifa. "Ich habe meinen Augen nicht getraut. Da sind wir Fünfter. Ich habe erstmal gefragt, ob das so stimmt. Nur Manchester vor uns, Bayern, Real Madrid und Liverpool."

Es fehlte nicht an Warnungen vor der Abreise nach Nordengland. "Einmal unkonzentriert und du bist weg vom Fenster", sagte Toppmöller. "Es gibt nur noch Reifeprüfungen für uns." Und dafür wird hart gearbeitet. Falls jemand daran Zweifel hatte, beseitigte die Pressesprecher Uli Dost. "An Ostern wird trainiert", sagte er leicht empört. Sie wollen ihren Weg gehen. Weg vom Image des Werksklubs, der noch nie Deutscher Meister war. Ohne große Sprüche. Calmund: "Wenn die Bayer AG ihre Philosophie ändern würde, könnten wir in der Liga spielen wie Bayern, Real und ManU. Das tut sie aber nicht. Wir sind zwar eine feste Größe im internationalen Fußball, aber zu den ersten Acht in Europa gehören wir nicht." Wer das behaupte, der müsse in die Klinik. Dazu fehlt zuerst mal der nationale Titel. "Jetzt sind noch vier in der Meisterschaft dabei. Der Höhenflug von Hertha BSC ist ja gestoppt, der Kandidatenkreis ist Gott sei Dank kleiner geworden", stellte Calmund fest.

Es war am Wochenende Leverkusens Spieltag, "wie gemalt für uns. Aber es sind noch fünf Spiele, da behalten wir die Bleischuhe schön an." Feiern sei kurz erlaubt, "mehr nicht, jetzt spielen wir in Liverpool". Auch da war Calmund froh, "dass es in Kaiserslautern ein wenig so war, wie es in Liverpool" sein wird. "Die Spielweise bei Standards, das ist sehr ähnlich. Die Stimmung im Stadion. Ich bin froh, dass die Spieler das in Kaiserslautern erlebt haben. Sie wissen nun, dass sie einiges tun müssen." Michael Ballack dachte indes in erster Linie ans Saisonende in der Bundesliga: "Wir haben viele Schwankungen durchgemacht. Am Anfang haben uns alle abgeschrieben, jetzt spielen wir eine sensationelle Saison. Mit dem neuen Trainer haben wir uns zusammengerauft und durchgebissen. Jetzt sind wir auf der Zielgeraden. Würden sie sich da nicht ärgern, wenn sie hinfallen?"

Reiner Calmund hat wenig Angst. Zumindest, was den FC Liverpool betrifft. "Die ganze Atmosphäre wird wirken wie ein Wecker, alle Glocken klingeln, jeder weiß dann, was er zu tun hat", sagte er. In den letzten Jahren klangen solche Aussagen immer wie das berühmte Pfeifen im dunklen Wald. Diesmal soll es die Melodie sein, zu der Leverkusen endlich zum Erfolg tanzt.

Eines ist in Leverkusen auf alle Fälle schon anders geworden. Als die Fans des 1. FC Kaiserslautern beim Stand von 2:2 den Gegner mit dem Spruch "Ihr werdet nie Deutscher Meister" ärgern wollten, sangen die Anhänger der Leverkusener aus voller Brust einfach mit. Zur neuen Gelassenheit auf dem weiten Weg, endlich ernst genommen zu werden, gehört auch der brasilianische Zauberfußballer Ze Roberto, an dem Bayern München interessiert ist. Der verdiene schon gut "bei uns" und sei einer der Führungsspieler. Angebote habe so einer jedes Jahr. Und da sind ganz andere im Gelände dabei als der FC Bayern. Und "die Bayern wären ja doof, wenn sie sich nicht für Ze Roberto interessieren würden", sagte Calmund. "Aber wir sind mit in der Verlosung und haben eine sehr gute Chance." Wie fast überall in dieser Saison.

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