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Sport: Die einzige Dame gewinnt doppelt

Annika Sörenstam scheitert beim Golfturnier in Texas am Cut, landet aber vor elf Männern undfreut sich auf neue Sponsoren

Dallas/Fort Worth. Die Reise ins Ungewisse endete wie sie begann. Mit Ovationen des Publikums für Annika Sörenstam. Die Schwedin applaudierte den Fans diesmal brav zurück und schlenderte zum Grün des 18. Lochs. Es passte ins Bild, dass die weltbeste Golferin ihren letzten Putt aus vier Metern versenkte und danach lächelnd ihre Arme ausbreitete: Was für ein Abgang von der großen Bühne des Colonial Country Clubs in Fort Worth im US-Bundesstaat Texas. Als erste Frau seit 58 Jahren hatte die Schwedin an einem Profiturnier der Männer teilgenommen.

Zum Abschied warf Sörenstam den kleinen Ball ins Publikum. Die sonst so kontrollierte Profispielerin ließ ihren Emotionen freien Lauf. „Vermutlich weine ich, weil ich nicht mehr weiter dabei sein darf“, sagte die 32-Jährige. Denn Sörenstam scheiterte am Freitag beim PGA-Turnier in Fort Worth (Texas) zwar am Cut, durfte sich aber dennoch als große Gewinnerin fühlen: Unter den 107 Teilnehmern reichte Sörenstams Leistung letztlich zu Platz 96, elf Männer landeten somit hinter der Schwedin.

Vor dem Turnier hatte Sörenstam davon gesprochen, dass ihr Vorhaben mit der Besteigung des Mount Everest zu vergleichen sei. Sörenstam hatte sich dank einer Sponsoren-Einladung mit den besten männlichen Golfern messen dürfen. Nach den Kontroversen um ihren Start zeigten sich die meisten Konkurrenten schließlich überrascht vom guten Auftreten der Schwedin, die den gigantischen Medienrummel und Fan-Auflauf mit Bravour meisterte. „Respekt, sie hat etwas Großartiges geleistet“, meinte der im Klassement führende Kenny Perry. Und sein Kollege Dan Forsman urteilte, dass Sörenstam „Stil und Grazie“ gezeigt habe. Nur sei es irgendwie ein trauriges Ende gewesen, fand Forsman: „Man möchte irgendwie den Rest der Geschichte sehen.“ Doch fünf Bogeys waren auf der zweiten Runde einfach zu viel, um der Geschichte ein weiteres Kapitel anzuhängen. Sörenstam verfehlte mit insgesamt 145 Schlägen um vier Schläge den Cut.

Bereits mit der imposanten 71er Auftaktrunde hatte die nur 1,67 Meter große Schwedin die Kritiker zum Schweigen gebracht. Sie werde diesen Auftritt ihr „Leben lang nicht vergessen“, meinte Sörenstam, um danach klarzustellen, dass sie „kein weiteres Mal“ auf der PGA-Tour antreten wolle. „Ich bin froh, dass ich es gewagt habe. Aber die Sache ist mir schließlich doch über den Kopf gewachsen. Ich war nervös, weil mich so viele Menschen angefeuert haben.“ Über 10 000 Zuschauer, viele mit „Go Annika“-Ansteckern ausgestattet, sowie 300 Journalisten verfolgten die Schwedin von Loch zu Loch. 150 Pressefotografen drückten bei ihrem ersten Abschlag auf den Auslöser, ein Fernsehsender berichtete live. Die Einschaltquote war doppelt so hoch wie bei einem normalen PGA-Turnier.

„Ich habe wegen der einmaligen Atmosphäre eine Gänsehaut bekommen“, erklärte Aaron Barber, neben Dean Wilson Spielpartner von Sörenstam. Der Druck für die Gewinnerin von 43 Turnieren der Golfprofiorganisation der Frauen, der LPGA, war enorm. Jeder ihrer Schritte und Schläge wurde analysiert, diskutiert und von den Medien aufbereitet. „Annika zähmt den Sturm“, titelte die Dallas Morning News am Freitag und die Los Angeles Times feierte die 32-Jährige am Sonnabend mit einem Foto auf Seite eins. Darunter stand: „Den Cut verfehlt, Sörenstam gewinnt.“ Und so sahen es alle großen Tageszeitungen. Sörenstams Landsmann Jesper Parnevik lobte die „unglaubliche Leistung“ der Golferin: „Wir haben im Golf einen Hai und einen Tiger. Ich denke, jetzt kommt noch eine Superfrau dazu.“

Dass sie am Ende elf Männer hinter sich lassen konnte, war für Sörenstam nicht so wichtig. „Ich hoffe, dass andere Frauen und Mädchen nun auch ihrem Herzen folgen. Deshalb war ich vor allem hier“, sagte Sörenstam. Allerdings wurde es der Schwedin in den vergangenen Tagen nicht nur warm ums Herz, der Auftritt von Texas dürfte auch ihr Portemonnaie nicht unerheblich füllen. Neue Sponsorenverträge winken: Ihr Agent Mark Steinberg, der auch Tiger Woods unter Vertrag hat, spricht von einem Doppelsieg der Schwedin. Während sie vor einem halben Jahr nur Insider kannten, habe sich Sörenstam nun zumindest in den USA einen großen Namen gemacht. Und von der neuen Popularität der Starspielerin würde auch die Tour der LPGA profitieren.

Zukunftsmusik. Als sich die erschöpfte Schwedin in Fort Worth von den Fans und vielen Journalisten verabschiedete, lächelte sie zufrieden. Reise beendet. Ziel erreicht. Annikka Sörenstam hat ihren Traum gelebt.

Stefan Liwocha

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