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Sport: Die Eisheiligen

Schon vor den Play-offs freut sich die Deutsche Eishockey-Liga über die erfolgreichste Saison ihrer Geschichte

Berlin. Wenn es um Eishockey geht, ist den Hamburgern nichts mehr heilig. Nun ja, fast nichts. „Heilig ist uns nur der Michel“ – so steht es auf den Hemden, mit denen die Hamburg Freezers heute bei den Berliner Eisbären (19.30 Uhr, Deutschlandhalle) auflaufen werden. Rechtzeitig zum Play-off-Viertelfinale wurde das Hamburger Klublogo sogar mit einem Heiligenschein versehen.

Rund um das Hamburger Wahrzeichen, den Michel, der mit Hilfe von Erlösen aus dem Trikotverkauf saniert werden soll, haben die Freezers in ihrer ersten Saison ungeahnte Euphorie entfacht. Die Entwicklung des Klubs steht symbolisch für die erfolgreichste Saison in der neunjährigen Geschichte der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Die Zuschauerzahlen sind vor den Play-offs im Vergleich zur Vorsaison um fast 1000 Besucher im Schnitt gestiegen, durchschnittlich sehen mehr als 5500 Zuschauer ein Spiel in der Liga. Bei den Fernsehübertragungen hat es die Liga auf den beachtlichen Wert von einer halben Milliarde Blickkontakten gebracht – und das, obwohl die DEL fast nur im Bezahlfernsehen stattfindet.

„Was Zuschauerzahlen, TV-Reichweiten und Klubetats betrifft, sind wir vom Popularitätsgrad weit vor allen anderen Sportarten, die es in unserer Gewichtsklasse gibt“, sagt DEL-Sprecher Andreas Ulrich. Solvente Teambesitzer – wie etwa der US-Amerikaner Philip Anschutz in Berlin und Hamburg – haben dafür gesorgt, dass wirtschaftliches Denken in der DEL populärer geworden ist als in der Vergangenheit. Die neuen Multifunktionsarenen in Köln, Hamburg, Nürnberg und Hannover bescheren der Liga immer mehr Zuschauer. Weitere Neubauten in Frankfurt, Krefeld und Berlin sind geplant, in Mannheim wird bereits für eine 14000 Zuschauer fassende Arena gebuddelt.

Dazu hat sich die Aufgabe unrentabler Standorte bezahlt gemacht. In München etwa spielten die Barons auch als Meister vor halb leeren Rängen. Nur wenige Monate nach dem Umzug des Teams nach Hamburg interessiert sich niemand mehr für den Vorgängerverein. Der Vorwurf, das Verschieben von Teams nach nordamerikanischem Muster sei in Deutschland nicht praktikabel, wurde widerlegt: Die Freezers haben 11000 Fans im Schnitt pro Partie, die Karten für ihre ersten Play-off-Spiele gegen die Eisbären waren binnen weniger Stunden ausverkauft.

Der Abschied von den traditionellen Eishockey-Standorten und der Umzug in die Großstädte wird das Gesicht der Liga in den kommenden Jahren sicher noch mehr verändern. Stuttgart ist als neuer DEL-Standort im Gespräch, auch über Leipzig wird diskutiert. Geht Wirtschaft vor Sport? Vor diesem Pauschalvorwurf hat Gernot Tripcke noch Angst. „Sicher ist das ein Spagat“, sagt der DEL-Geschäftsführer. „Aber wir können jetzt doch nicht hingehen und sagen, wir wollen nur Vereine mit neuen und großen Hallen und schmeißen dafür andere raus. Eine geschlossene Gesellschaft sollten wir nicht werden. Das ist sicher ein Problem.“ Es ist ein schönes Problem, das Tripcke und Kollegen da haben.

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