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Luftige Angelegenheit. Nicht immer waren Jerome Boateng (l., mit Robert Lewandowski) und die deutsche Abwehr auf der Höhe. Foto: dpa

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Sport: Die elf Besten müsst ihr sein

Die Deutschen zeigen beim 2:2 in Polen mit einer B-Elf, dass sie auf ihre Stammspieler angewiesen sind

Die Welt mag Deutschland bewundern für seinen neuen Reichtum an begabten Fußballspielern, aber für Dominanz und Siege müssen schon die elf besten her. Wie bei so vielen Testspielen der jüngeren Vergangenheit war das auch am Dienstagabend in Danzig zu sehen. Eine bessere Perspektivmannschaft erreichte mit viel Glück ein 2:2 (0:0) gegen die international zweitklassigen Polen. In der dramatischen Schlussphase ermöglichte Torhüter Tim Wiese den Polen in der Schlussminute zunächst einen Foulelfmeter, den der Dortmunder Jakub Blaczykowski zum 2:1 verwandelte. In der vierten Minute der Nachspielzeit aber wendete der Stuttgarter Cacau mit seinem Abstauber noch die Niederlage ab, es wäre die erste gewesen im 17. Länderspiel gegen Polen.

„Es muss in Testspielen nicht immer alles funktionieren“, sagte Trainer Joachim Löw versöhnlich. Das Ende war glücklich, aber inhaltlich zeigte das personelle Experiment von Danzig unangenehme Ergebnisse: Der geschonte Bastian Schweinsteiger ist im zentralen Mittelfeld unverzichtbar. Christian Träsch ist als Verteidiger eine Fehlbesetzung, und im Abwehrzentrum sollte sich Joachim Löw schleunigst auf ein Stammduo festlegen. Alles andere trägt nur bei zu einer unnötigen Verunsicherung.

Der Bundestrainer hatte seine Mannschaft nach dem 6:2 über Österreich auf gleich sieben Positionen verändert. Zehn Monate bevor es ernst wird bei der Europameisterschaft in Polen und er Ukraine, provozierte die deutsche B-Mannschaft eher mäßiges Interesse. Im neuen EM-Stadion klafften doch einige Lücken. Das kleine, für die deutschen Fans reservierte Eckchen für die deutschen Fans blieb weitgehend leer, was vor allem daran lag, dass der DFB Karten aus seinem Kontingent nur an handverlesenes Publikum weitergab, um möglicher Randale vorzubeugen. So lag die erdrückende akustische Überlegenheit bei den Polen, die alle deutschen Spieler bei der namentlichen Vorstellung gnadenlos auspfiffen, am lautesten übrigens Miroslav Klose, während sich in die Abneigung gegen seinen deutsch-polnischen Kollegen Lukas Podolski immerhin ein bisschen Beifall mischte. Der noble Jubelverzicht des Kölners nach seinen zwei Toren bei der EM 2008 gegen Polen hat offensichtlich Wirkung gezeigt.

Polens Coach Franciszek Smuda platzierte in seiner Startformation auch n Damien Perquis vom FC Sochaux. Der gebürtige Franzose spricht zwar kein Wort Polnisch, hat aber immerhin eine in Polen geborene Großmutter. Das erklärt vielleicht, warum er bei seinem internationalen Debüt einige Verständigungsprobleme mit seinen Kollegen offenbarte. Seiner Ungeschicklichkeit hatte es Mario Götze zu verdanken, dass er schon nach fünf Minuten die erste deutsche Chance einfädeln durfte, aber Kloses Schuss prallte von einem polnischen Abwehrbein zurück. Zur Geschichte dieses turbulenten Auf und Ab gehört aber auch, dass auch die Polen reichlich Torchancen hatten. Lewandowski spielte perfekt in den Lauf von Peszko, der nur noch Tim Wiese vor sich hatte, dieses Duell aber gegen den Bremer Torhüter verlor. Diese Szene stand typisch für die zeitweiligen Irritationen in der deutschen Abwehrarbeit. Zwar zeigte Mannschaftskapitän Philipp Lahm, dass er auf der linken Seite begabter ist denn als Literat. Aber die Innenverteidiger Per Mertesacker und Jerome Boateng kennen sich eben nur flüchtig, und auf der Seite zeigte Christian Träsch, dass gute Physis allein noch keinen Nationalspieler macht. Der Wolfsburger ermöglichte Peszko durch sein schlechtes Stellungsspiel noch zwei weitere Großchancen. Es blieb kurzweilig, weil auch die defensiv schlecht organisierten Polen den Deutschen so manche gefährliche Aktion ermöglichten.

Zur Pause ersetzte der Dortmunder Marcel Schmelzer Lahm, nur Christian Träsch fand keine Erlösung. Immerhin, beim polnischen Führungstor war er nicht beteiligt. Lewandowski erzielte es frei vor Wiese, nachdem Boateng nicht aufgepasst hatte. Sieben Minuten nach der Einwechslung von Thomas Müller konnte Arkadiusz Glowacki seinen Sturmlauf nur durch ein Foul im Strafraum bremsen. Den fälligen Elfmeter verwandelte Kroos zum 1:1.

Glowacki sah für sein Foul Gelb und flog nach einer weiteren Verwarnung später mit Gelb-Rot vom Platz. Den Deutschen aber fehlte in Danzig der Esprit, zehn Polen in die Knie zu zwingen. Im Gegenteil: Wiese senste den eingewechselten Pawel Brozek um, und Blaczykowski machte es genauso gut zuvor Kroos. Die polnischen Zuschauer feierten schon, doch in der vierten Minute er Nachspielzeit traf Cacau noch zum kaum mehr erwarteten Ausgleich. Wieder war Thomas Müller der Wegbereiter, diesmal mit schöner Flanke vom rechten Flügel.

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