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Weiter mittendrin. Kristina Vogel ist bei der Bahnrad-WM als Expertin aktiv.

© dpa

Die Energie muss raus: Kristina Vogel als Expertin bei der Bahnrad-WM

Olympiasiegerin Kristina Vogel will mit ihrem Schicksal im Rollstuhl nicht hadern. Sie will vielmehr nun erst recht durchstarten.

So schnell kommt Kristina Vogel nicht los vom Bahnradsport. Das wird beim Blick auf ihren Instagram-Account deutlich. Ein Video zeigt, wie sie auf einer Rennbahn im Rollstuhl sitzt, die Hand der Bahnrad-Sprinterin Pauline Grabosch hält und sich von dieser ziehen lässt. „Los Pauline, in der Kurve musst du richtig arbeiten, richtig arbeiten“, ruft Vogel laut: „Ja, so ist man richtig dabei.“

Richtig dabei sein. Darum ging es schon immer im Leben der 29 Jahre alten Frau. Vogel war richtig dabei als Leistungssportlerin. Sie gewann bei Olympischen Spielen zwei Goldmedaillen und wurde in ihrer Karriere elf Mal Weltmeisterin. Eine erfolgreichere Athletin aus Deutschland hat es in dieser Sportart bislang nicht gegeben. Vogel ist auch mitten drin, nachdem sie sich im Juni 2018 bei einem schlimmen Trainingsunfall eine schwere Wirbelsäulenverletzung zuzog und seitdem im Rollstuhl sitzt.

Vogel will kein Mitleid, sie will durchstarten

Das Schicksal der Ausnahmesportlerin bewegte viele Millionen Menschen hierzulande. Vogel bekam mehrere Auszeichnungen verliehen, unzählige Solidaritätsbekundungen wurden ihr zuteil und überhaupt stand und steht sie häufig im Mittelpunkt. Zu beobachten ist das auch Anfang Februar bei einer Presseveranstaltung anlässlich der am Mittwoch beginnenden Bahnrad-Weltmeisterschaft in Berlin.

Als Vogel im Rollstuhl auftaucht, tummeln sich gleich etliche Leute um sie herum. Sie bekommt in solchen Runden manches Mal sicher mehr Aufmerksamkeit, als das vor ihrem Unfall der Fall war. Bestimmt kann zu viel Getue um sie herum auch ins Mitleidige übergehen. Was besonders bei Kristina Vogel unangebrachter nicht sein könnte. Vogel will kein Mitleid, sie will jetzt neu durchstarten, dabei sein. Das geht auch im Rollstuhl.

Vogel ist wahnsinnig umtriebig. Im vergangenen Jahr ist sie als Parteilose für die CDU in den Erfurter Stadtrat gewählt worden; auch bei der Bundespolizei ist sie wieder aktiv, aktuell hospitiert sie als Trainerin. Außerdem ist sie als Rednerin und TV-Kommentatorin gut gebucht. Was Vogel zugutekommt, ist ihr ausgesprochen rasantes Mundwerk. „Ich weiß, dass ich manchmal zu schnell bin“, sagt sie, „aber die Energie muss einfach raus.“

Bei der Bahnrad-WM im Berliner Velodrom werden die Worte wieder nur so aus ihr herauspurzeln. Vogel wird als Expertin für den Radsport-Weltverband UCI sowie am Sonntag für das ZDF arbeiten. Dass der öffentlich-rechtliche Sender nur an einem Tag live auf Sendung ist, findet Vogel zwar schade. Auf der anderen Seite müsse auch das ZDF auf das Geld achten. „Es gibt ja nicht nur uns Kommentatoren, sondern auch Kameraleute, Regisseure und viele mehr“, sagt sie.

Ihr Selbstvertrauen ist unerschütterlich

Ein bisschen Stress bedeutet der Experten-Job für Vogel schon. „Ich will es ja gut machen. Da hilft es, angespannt zu sein“, sagt sie. Vogel will gut vorbereitet sein. Der Bahnradsport sei schließlich komplex, ein Zusammenspiel aus physischen, technischen und vor allen Dingen taktischen Komponenten. „Bahnrad fahren ist ein bisschen wie Formel 1 fahren und Schach spielen“, sagt sie. Für Laien sei das nicht so einfach zu verstehen. „Aber ich habe das 18 Jahre lang als Leistungssportlerin gemacht. Ich verstehe schon, was da passiert.“ Mit dem Selbstvertrauen verhält es sich bei Vogel wie früher, als sie noch selbst in die Pedale trat. Es ist unerschütterlich.

„Rhetorisch“, sagt sie, „geht das schon gut bei mir.“ Niemand würde das der energiegeladenen Frau in Abrede stellen. Und weil das so ist, kommentiert sie nicht nur gelegentlich als Expertin zum Bahnradsport. Vogel spricht zu Themen, die ihr Schicksal betreffen. Auf ihrer Homepage bietet sie Vorträge zu den Titeln „Neustart: Und alles ist anders“, „Anderes Leben – Neue Chancen“, „Lieber Querschnitt als Durchschnitt“ sowie „Kristina Vogel: Steh Auf“ an. Viel Stoff also von Kristina Vogel, für die sich das Leben auch außerhalb der Bahn ziemlich schnell dreht.

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