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Sport: Die Experten lassen defensiver spielen

Sepp Maier im Tor, davor Daniel Passarella und Bobby Moore: Unsere Fußball-Fachleute haben etwas anders gewählt als die Fans

Ewige WM-Elf, Teil zwei: Nach den Lesern und Hörern von Tagesspiegel, 11 Freunde, Zitty und Inforadio nominiert heute unsere Experten-Jury ihr Allstarteam aller Weltmeisterschaften. Die Prominenz lässt es vorsichtig angehen und stellt vier Verteidiger und drei Mittelfeldspieler auf. Auch bei den Experten erhielt Franz Beckenbauer die meisten Stimmen, gleichauf mit Pelé. Dino Zoff, von den Lesern zum Torhüter der Ewigen WM-Elf nominiert, bekommt von den Experten keine einzige Stimme. Als Nummer eins erhält Sepp Maier den Vorzug, knapp vor Gordon Banks. Neu im Team sind außerdem Daniel Passarella, Bobby Moore und Eusebio. Hier das Votum unserer fünf Experten und ihre ganz persönlichen Begründungen:

GÜNTER NETZER

... der Reich-Ranicki der Fußballkritik. Damit ist eigentlich alles gesagt über ihn als Kommentator. Es ist aber auch alles geschrieben über ihn. Von ihm selbst, in seiner bei Rowohlt erschienenen Autobiografie „Aus der Tiefe des Raumes“.

TOR

Sepp Maier, weil er schon damals für uns der perfekte Torhüter war: Reaktionsschnell und den Strafraum beherrschend.

ABWEHR

Franz Beckenbauer , die pure Verkörperung des Liberos, eines Abwehrspielers in völlig neuer Interpretation.

Giacinto Facchetti , weil er italienische Defensivstärke mit ungeahntem Offensivdrang beseelte.

Berti Vogts , wurde Terrier genannt – nichts beschreibt ihn besser.

MITTELFELD

Diego Maradona , das Beste, was man je auf einem Fußballplatz gesehen hat.

Johan Cruyff , der größte Stratege der WM-Geschichte.

Pelé , er war der kompletteste Spieler von allen.

Zinedine Zidane , der genialste Mittelfeldspieler der Neuzeit.

ANGRIFF

Garrincha , weil er uns mit seinen unglaublichen Bewegungen und Dribblings die brasilianische Fußballkunst am nächsten gebracht hat.

Gerd Müller , das Phänomen schlechthin. Er war und ist einfach unerklärlich.

Eusebio , weil er Charakter und Können in perfektem Einklang präsentierte.

MARCEL REIF

… hätte auch politischer Korrespondent in London werden können. Doch der Fußball war ihm mehr. Seine Reportagen brachten ihm den Grimme-Preis. Allsonntäglich kommentiert er im Tagesspiegel die Bundesliga.

TOR

Sepp Maier , weil er komplett war, stark auf der Linie und beim Herauslaufen.

ABWEHR

José Leandro Andrade , wir haben ihn nicht gesehen, aber alles, was über ihn zu lesen ist, zeigt, dass er schon damals ein moderner Abwehrspieler war.

Franz Beckenbauer , weil er die Position des Abwehrspielers noch einmal neu erfunden hat.

Bobby Moore , weil er das Mutterland des Fußballs als Kapitän zum ersten und einzigen Mal zum Titel geführt hat.

Paolo Maldini , weil er auf und neben dem Platz ein Signore ist und auch ohne die Protektion seines berühmten Vaters zum Weltstar aufstieg.

MITTELFELD

Johan Cruyff , weil er alles verkörperte, was den Fußball modern machte: Eleganz, Technik, Tempo, Strategie.

Diego Maradona , weil er der Begnadetste von allen ist und seine Mannschaft 1986 ganz allein zum WM-Titel führte.

Fritz Walter , weil er 1954 ein Land aus der Depression führte.

Pelé , weil es einen wie ihn nur einmal im Jahrhundert gibt.

ANGRIFF

Gerd Müller , weil nur er solche und so viele Tore schießen konnte.

Ferenc Puskas , weil er eine Epoche geprägt hat und am Ende als tragischer Held abtreten musste.

ANNE WILL

… führte ein Leben vor den Tagesthemen, und das war sportlich. Sie moderierte im SFB den Sportpalast, später die Sportschau. Wenn es der Fußball in die Tagesthemen schafft, gibt es keine Zweifel, wer ihn am charmantesten präsentiert: Anne Will.

TOR

Sepp Maier , weil er selbst abgefälschte Tauben gehalten hat.

ABWEHR

Daniel Passarella , weil es auch mal ganz schön ist, wenn auch Abwehrspieler viele Tore schießen.

Roberto Carlos , weil dasselbe auch für ihn gilt.

Franz Beckenbauer , weil sich sonst keiner von einem Fußballspieler in eine Lichtgestalt verwandelt hat.

MITTELFELD

Diego Maradona , weil sonst die Hand Gottes fehlt.

Pelé , weil er ja nicht umsonst mit Beckenbauer der Fußballer des Jahrhunderts ist.

Wolfgang Overath , weil er mir zuletzt in einem Interview gesagt hat, er und Günter Netzer hätten sich auf die Formel geeinigt: Netzer sei besser im Verein gewesen, Overath in der Nationalmannschaft.

Michel Platini , weil noch mehr Eleganz ins Mittelfeld gehört.

ANGRIFF

Ronaldo , weil er trotz seiner vielen Verletzungen schon jetzt fast so viele WM-Tore geschossen hat wie Gerd Müller und schon mehr als Pelé.

Gerd Müller , weil er den Ball aus jeder noch so unmöglichen Situation ins Tor brachte.

Salvatore Schillacci , wegen seiner exzellenten Technik und Spielübersicht und weil er bei der Weltmeisterschaft 1990 in sieben Spielen auf die unglaubliche Bilanz von sechs Toren kam. Freundlicherweise sind wir dann trotzdem Weltmeister geworden.

LUTZ MICHAEL FRÖHLICH

... hat alle gesehen, die zwischen 1991 und 2005 durch die Bundesliga liefen. Einmal zeigte der Schiedsrichter Michael Ballack irrtümlich die Rote Karte – und nahm sie nach Befragen seines Assistenten zurück und gab Ballack die Hand.

TOR

Gordon Banks : Gewann das Duell gegen Tilkowski im WM-Finale 1966. In 35 seiner 73 Länderspiele spielte er zu null.

ABWEHR

Cafu: Wer dreimal im WM-Finale stand, muss einfach rein.

Franz Beckenbauer : Ein Fußball-Aristokrat. Einzigartig die genialen Pässe aus dem Fußgelenk. Absolute Leitfigur, und das nicht nur im deutschen Fußball.

Paolo Maldini: Der erste italienische Abwehrspieler mit einer sympathischen Ausstrahlung. Ich habe ihn selbst in zwei Spielen miterlebt, ein netter Typ, der mit tollem Einsatz spielt und dabei locker bleibt.

MITTELFELD

Mario Kempes: Er wurde als Nationalspieler nie verwarnt. Bei der WM 1978 spielte Kempes wie vom anderen Stern, als Kämpfer, Spielmacher und Torjäger.

Pelé: Ein Kultfußballer. Eleganz, Schnelligkeit und Torgefährlichkeit passten. Er ist immer noch ein tolles Vorbild … und Mitglied bei Rot-Weiss Essen!

Johan Cruyff: Bei ihm wusste man immer, dass der Pass ankommt. Ich habe sein millimetergenaues Abspiel und sein geniales Timing bewundert.

ANGRIFF

Roger Milla : Er war bei drei Weltmeisterschaften dabei und glänzte 1994 noch mit 42 als WM-Torschütze. Ein unterhaltsamer und effektiver Fußballer mit genialen Dribblings.

Helmut Rahn: Die Legende, das Wunder von Bern. Ein Vertreter dieser Mannschaft von 1954 muss einfach mit rein.

Eusebio: Der Portugiese bescherte uns eines der verrücktesten WM-Spiele. Unvergessen 1966 in England: Portugal gegen Nordkorea in Liverpool, aus einem 0:3-Rückstand wird noch ein 5:3-Sieg, mit vier Toren von Eusebio. Er war Meister des Dribblings.

Thierry Henry : Der Franzose zieht unwiderstehlich in Richtung Tor und hat einen knallharten Schuss. In Topform ist er ein Risiko für das deutsche Vorhaben in diesem Sommer, nämlich Weltmeister 2006 zu werden.

JÜRGEN CROY

… war der beste Torhüter der DDR. 1976 gewann er Gold bei Olympia in Montreal. Und, ja, 1974, am 22. Juni, als Jürgen Sparwasser die westdeutsche Mannschaft in die Niederlage schoss, da stand Jürgen Croy auch im Tor.

TOR

Gordon Banks: Sehr sachlich, sehr kontrolliert, mit enormer Ausstrahlung.

ABWEHR

Franz Beckenbauer: Der überragende Fußballer Deutschlands.

Ruud Krol: Er gab dem holländischen Team die Sicherheit.

Bobby Moore: Er verlieh der englischen Mannschaft fast aristokratische Züge.

Daniel Passarella: Er war sowohl ein herausragender Abwehrspieler als auch ein herausragender Fußballspieler.

MITTELFELD

Johan Cruyff: Der alles überragende Techniker und Stratege der Siebzigerjahre.

Diego Maradona: Immer dann, wenn das Genie den Wahnsinn im Zaum hatte.

Pelé: Der Fußballer des Jahrhunderts.

ANGRIFF

Eusebio: Ich denke an die WM 1966, da hat er uns alle verzaubert.

Garrincha: Krummbeinig, dribbelstark, ballverliebt, so muss ein Außenstürmer sein.

Gerd Müller : Ohne Spektakel machte er, was ein Mittelstürmer machen muss: Tore, Tore, Tore.

Der als Juror vorgesehene Joachim Krol musste leider kurzfristig aus Termingründen absagen. Die Diskussion über die besten WM-Spieler aller Zeiten ist nicht beendet. Sie lebt fort auf der Internet-Seite www.ewige-wm-elf.de, wo weiter diskutiert wird. Dort finden Sie zum Vergleich auch die Ewige WM-Elf der Leser.

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