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Sport: Die Freiheit zu dopen

Christian Tretbar über die Klage des Radprofis Kascheschkin

Auf den ersten Blick geht es nur um Andrej Kascheschkin. Einen kasachischen Radprofi, der eindeutig des Fremdblutdopings überführt wurde und dafür von seinem Arbeitgeber, dem Team Astana, suspendiert wurde. Jetzt ist er vor Gericht gezogen. Doch er klagt nicht gegen seinen Rauswurf, sondern gegen die Kontrollen selbst. Mit einem fundamentalen Argument: Kontrollen in den Ferien verstoßen gegen die Menschenrechte. Deshalb gewinnt dieser Prozess eine Bedeutung wie anno 1995 das Bosman-Urteil im Fußball. Nicht bloß, weil der Sportler vom selben Anwalt vertreten wird, sondern weil eine grundlegende Frage des gesamten Sportbetriebs berührt wird: Wie viel persönliche Freiheit müssen Sportler für den Kampf gegen Doping opfern? Sämtliche gar, so wie bei der Rund-um-die-Uhr-Überwachung im Moment? Wie würden Bürger auf eine solche Totalüberwachung des Staates reagieren, sei es auch mit einem noch so hehren Ziel? Es war nur eine Frage der Zeit, bis jemand einem Gericht diese Fragen stellen würde. Und so sehr der Kampf gegen Doping für die Glaubwürdigkeit des Sports auch von Bedeutung ist, so legitim ist es, persönliche Freiheitsrechte einzuklagen. Selbst dann, wenn man sich den Gesetzen des Sports unterworfen hat. Freiwillig sogar. Ein fader Beigeschmack bleibt allerdings, wenn ein überführter Doper auf ein so hohes Gut klagt. Eine Ausweitung der Persönlichkeitsrechte kann auf jeden Fall nur zu Lasten des Anti-Doping-Kampfes gehen, denn die Ausweitung der Freiheit beeinträchtig immer die Sicherheit. Das ist nicht schlimm. Man muss es nur wissen.

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