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Sport: Die gebratenen Tauben fliegen links vom Rhein

BERLIN .Das Schlaraffenland im deutschen Eishockey hatte ein Jahrzehnt lang eine feste Adresse.

BERLIN .Das Schlaraffenland im deutschen Eishockey hatte ein Jahrzehnt lang eine feste Adresse.DEG, Brehmstraße, Düsseldorf - ohne Postleitzahl oder Hausnummer, jede Post kam an."Weltbestes Publikum", über 10 000 Besucher als Heimspiel-Durchschnitt - nur der Selbstdruck von Geldscheinen wäre ein einfacherer Weg gewesen, sich wie "Onkel Dagobert" als immerwährender Millionär zu fühlen.Aber nun fliegen die gebratenen Tauben, wie das manchmal bei Zugvögeln auch im Schlaraffenland ist, nicht mehr Richtung Brehmstraße.Die Düsseldorfer EG hat sich nach dem finanziellen Kollaps aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) zurückgezogen, fristet bescheiden ein paar Nummern kleiner in der Bundesliga ihr Dasein.Die von der DEG verachteten Kölner Haie, die Links-Rheinischen, sind nämlich nun die großen Macher im deutschen Eishockey-Geschehen.Der heutige Gast der Berlin Capitals hat sich mit dem Superdom-Stadion in Deuss eine neue Heimstätte geschaffen, die es in sich hat.16 957 zahlende Zuschauer wurden zum Saisonauftakt beim 6:3-Sieg gegen Frankfurt gezählt.Dies bedeutete Besucher-Europarekord beim Kölner Eishockey-Erlebnis in neuer Dimension.

Davon können die Berliner in ihrer maroden Eishalle an der Jafféstraße nur träumen.Nicht nur, aber auch von hier aus, geht der Blick neidvoll zum Rhein.Zum Saisonauftakt der Capitals gegen Schwenningen kamen zwar auch 5000 Zuschauer, doch was ist das schon gegen das Schwelgen der Haie im Überfluß.Heinz-Herrmann Göttsch, Aufsichtsratsvorsitzender der Haie, sagt: "Wir gehen im Etat von 10 000 Besuchern im Schnitt aus." Bei den Kölnern schwingt in der neuen Saison der finnische Trainer Timo Lahtinen das Zepter.Das 51jährige Sprachtalent (fünfmal nahezu perfekt) stürmte einst für Ilves Tampere, war danach lange Jahre in Malmö und Stockholm mit Titelgewinnen erfolgreich.Unter Lahtinen, kühl analysierend und der Disziplin das Wort redend, wirken die Haie spielstärker und spielfreudiger als zuletzt der Fall.Zweimal Aus im Viertelfinale, dies galt als unter ihrer Würde.Der Kanadier Kevin Primeau (vor der großen Berliner Remedur bei den Preussen tätig), ist im übrigen nach seiner erfolgreichen Arbeitsgerichtsklage zu alten Bezügen offiziell noch als Jugendtrainer bei den Kölnern tätig.

Das Schmuckstück der Haie ist die neuformierte erste Sturmreihe mit dem Italiener Bruno Zarillo, dem Kanadier Corey Millen und dem Finnen Petri Varis.Torhüter Nummer eins ist der Kanadier Boris Rousson, der deutsche Nationalkeeper Joseph Heiss hat wie auch Nationalverteidiger Jörg Mayr nicht die allerbesten Karten bei Lahtinen.Zuletzt gewannen die Kölner beim Titel-Mitaspiranten Landshut 1:0 nach Penaltyschießen.Derartiges Glück hatten die Berliner nicht: Gegen Schwenningen 3:1 geführt und verloren, auch in Frankfurt 2:0 vorne gelegen und als Verlierer vom Eis marschiert.Trotz vieler guter Ansätze bei den Capitals steht das Team von Dale McCourt höchstens bei 70 Prozent seines Leistungsvermögens.Der neue Kapitän Robert Cimetta sagt, wie andere auch, "die Moral ist intakt bei uns - aber ein Erfolgserlebnis muß her." Spielbeginn an der Jafféstraße ist heute um 19 Uhr 30, bei den Gastgebern fehlen die verletzten Todd Nelson und Christian Brittig.

THOMAS ZELLMER

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