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Sport: Die Geistersekunde

Aachens 2:2 gegen St. Petersburg schockt die Fans

Die Arena bebte, doch dann kam dieser gespenstische Moment. Als habe eine höhere Macht den Ton abgedreht. Bis zum Schluss hatten die Fans ihre Mannschaft, den großen Außenseiter, mit laut dröhnenden Gesängen angefeuert. Doch als an diesem Uefa-Cup-Abend nach 95 Minuten der Schlusspfiff ertönte und das 2:2 (1:1) zwischen dem TSV Alemannia Aachen und dem FC Zenit St. Petersburg feststand, verstummte ein ganzes Stadion innerhalb einer einzigen Sekunde.

Zu groß war die Depression unter den 25 300 Zuschauern in Köln. Aachen hatte nicht gewonnen und es damit verpasst, die dritte Runde des Uefa-Pokals vorzeitig zu erreichen. Auch die Spieler brauchten Minuten, bevor sie wieder einigermaßen zu sich kamen und sich, im Zeitlupentempo über den Platz schleichend, bei ihren Fans bedankten. Und Dieter Hecking fand diese bedrückenden Szenen normal: „Wir waren doch auf Sieg programmiert“, sagte Aachens Trainer, „dann braucht man die Zeit, alles zu sortieren.“ Zeit, um dieses Remis einzuordnen, von dem keiner so recht weiß, was es am Ende wert sein wird.

„Ihr habt keinen Grund, traurig in der Kabine zu sitzen“, sagte Hecking zu seinen niedergeschlagenen Spielern. Aber das Entsetzen wollte angesichts der vielen vergebenen Chancen nicht weichen. Hatte der Zweitligist doch den technisch überlegenen Gegner zunächst förmlich überrollt. Allein in den ersten 45 Minuten vergaben die Aachener acht Großchancen, in der zweiten Halbzeit kamen noch einmal sechs Möglichkeiten hinzu. „Wir haben den Vierten der russischen Liga an die Wand gespielt“, sagte Hecking später. Erst ein von dem unsicheren Moses Sichone verschuldetes Elfmetertor brachte den Gegner nach der Aachener Führung durch Erik Meijer wieder ins Spiel. Der 1:2-Rückstand fiel ebenfalls sehr unglücklich. Nämlich in einer Phase, als Aachen ein wenig geschockt wirkte, als die zentralen Figuren Meijer (Rippenprellung) und Plaßhenrich (Leistenprobleme) verletzt ausgewechselt worden waren.

Selbst der 2:2-Ausgleich per Elfmeter durch Stefan Blank änderte, obwohl kurz vor Ende erzielt, nichts am melancholischen Finale. Dabei eröffnete dieser Treffer eine weitere Möglichkeit, mit dem letzten Gruppenspiel bei AEK Athen doch noch „Geschichte zu schreiben“, wie es Meijer bereits angekündigt hatte, und als erster Zweitligist nach Atalanta Bergamo 1988 in die 3. Runde eines europäischen Wettbewerbs einzuziehen.

Aachen benötigt dafür einen Sieg in Athen. Bei Erik Meijer war die Niedergeschlagenheit schon kurz nach dem Spiel in Trotz umgeschlagen: „Ich habe noch nie in Griechenland verloren“, sagte der 35-jährige Kapitän. „Aber ich habe ja auch noch nie dort gespielt.“

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