zum Hauptinhalt

Sport: Die glanzlose Generation

Portugal steht nach dem EM-Auftakt unter Schock

Es war ein Meer aus leeren Gesichtern. Im Estadio Dragao, auf den Straßen und in den Kneipen im ganzen Land. Wie leblos hingen die Fahnen in den Farben Portugals an den Fenstern und Balkonen. Schlaff, als hätte ihnen jemand mit einem Schlag die Spannkraft geraubt. Die Menschenströme, die aus der neuen Arena im Nordosten Portos quollen, glichen einem Schweigemarsch. Bitterkeit und Enttäuschung waren spürbar.

Den Spielern ging es nicht besser. Die Männer um den Star von Real Madrid, Luis Figo, schlichen die paar Meter aus der Kabine. Zentimeter um Zentimeter vorwärts. Sie alle hatten einen ratlosen Gesichtsausdruck, er wirkte wie eine Maske. „Audacia e Coracao“ – Wagemut und Herz, der fromme Leitspruch auf der Außenwand des Busses wirkte deplatziert in diesen Minuten. 2:1 besiegt vom Außenseiter Griechenland. Glanzlos die so genannte goldene Generation, die im eigenen Land beweisen wollte, dass sie ein Teil der Fußballwelt ist, den alle ernst nehmen müssen.

Vieles von dem, was Trainer Luiz Felipe Scolari und seine Spieler an Erklärungen lieferten, klang so, als wollten sich die Verlierer selbst Mut machen für die nächsten Tage, wenn es gegen Russland (Mittwoch) und den Erzrivalen Spanien (Sonntag) um alles geht. „Wir waren keine Mannschaft“, klagte der junge Nuno Gomes, der wie Deco, der Star des Champions-League-Siegers FC Porto, erst spät eingewechselt wurde. Gegen die schnellen Konter der Griechen meist überfordert: die Abwehr um Andrade (La Coruña) und Couto (Lazio Rom). Wirkungslos im Mittelfeld: Rui Costa vom AC Mailand. Allein gelassen: der große Gestalter Figo. Ohne zündende Ideen: die Stürmer Pauleta (Bordeaux) und Simao (Benfica Lissabon). Zu spät wachten die Portugiesen auf. Erst in der zweiten Hälfte spielten sie besser, aber auch da liefen sie mit ihren Angriffen gegen eine Abwehrmauer. „Wir waren nicht so schlecht, aber wir haben zu viele Fehler gemacht“, sagte Figo.

„In solch einem kurzen Turnier darf man sich nur eine Niederlage erlauben, wir hatten unsere heute", sagte Trainer Scolari, dem nach der mutlosen Vorstellung seiner Mannschaft auch der Glanz der mit Brasilien errungenen Weltmeisterschaft nicht mehr viel half. Als trügen sie Trauerränder sahen die Zeitungen am Tag danach aus. Bissige Kommentare der Inhalt der Artikel in den Gazetten, ernüchternd der Tonfall der Analysen der Expertenrunden, die das portugiesische Fernsehen den ganzen Abend lang und am Tag nach der Niederlage ausstrahlte, die niemand erwartet hatte. „Die Seele eines ganzen Landes ist enttäuscht worden“, schrieb „La Bola“.

Scolari sah sich sogar zu einer öffentlichen Entschuldigung genötigt. „Das war eine schlimme Sache, ich kann mich bei den Menschen in Portugal nur entschuldigen“, stammelte er. Der Brasilianer will nun über Änderungen nachdenken. Der schwache Rui Costa wird dem Wechselspiel zum Opfer fallen und durch Deco vom FC Porto ersetzt. „Wir werden das nächste Mal ein offensiveres Gesicht haben“, versprach Scolari.

Die Erkenntnis des Trainers kam zu spät. Der Treffer von Cristano Ronaldo in der Nachspielzeit änderte nicht mehr viel an der schmerzlichen Schmach gegen Griechenland. Durch die leeren Gesichter der Portugiesen huschte in dem Moment auf alle Fälle nicht einmal der Hauch eines Lächelns. Seit Rui Costa, Figo und Couto 1989 Weltmeister mit den Junioren waren, warten sie in Portugal auf einen Erfolg. Die Angst in Portugal ist nun groß, dass sie niemals Grund zum Feiern haben werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false