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Sport: Die Goldfabrik

Die US-Schwimmer hatten bei der WM in Melbourne ein Erfolgsgeheimnis

Örjan Madsen kennt Mark Schubert, den Cheftrainer der US-Schwimmer, seit 30 Jahren. Das trifft sich gut, es erleichterte den Deal. „Wir haben ausgemacht, dass ich ihm das Geheimnis der deutschen Freiwassererfolge sage, und er sagt mir, warum die Amerikaner im Becken so gut sind“, erzählte der Cheftrainer der deutschen Schwimmer. Das war natürlich ein Witz, es wäre aber auch ein wirklich guter Handel gewesen. Die Deutschen gewannen zwei Freiwasser-Titel bei den Weltmeisterschaften in Melbourne, die US- Schwimmer holten 20 Goldmedaillen im Pool, die Hälfte aller möglichen Titel. Thomas Rupprath, Vizeweltmeister über 50 Meter Rücken, stand fassungslos vor dieser Bilanz: „Die Übermacht der USA ist schockierend.“

Allein Michael Phelps gewann sieben WM-Titel und verbesserte fünfmal den Weltrekord. Ein einsamer Rekord in der Geschichte einer WM. Am Sonntag steigerte er seine eigene Bestmarke über 400 Meter Lagen um mehr als zwei Sekunden (4:06,22). Elf der 15 Weltrekorde im Pool stellten die USA auf. Und wenn Ian Crocker nicht im Vorlauf der 4-x-100-Meter-Lagen-Staffel zu früh vom Block gesprungen wäre – bei einem riesigen Vorsprung der USA –, dann hätte Phelps sogar acht Titel abgegriffen. Aber dieses Thema hatte er schnell abgehakt, kein böses Wort gegen Crocker. Nach seinem Sieg über 400 Meter Lagen sagte er bloß: „Es war mein letztes Rennen hier, also wollte ich es gut machen.“

Es ist nicht bloß ein lapidarer Satz, es ist eine Philosophie. So treten Siegertypen auf. Phelps schaffte es in Melbourne, in einem einzigen Satz fünfmal das Wort„fun“ unterzubringen. Aber der 21-Jährige ist auch vollkommen auf sein Ziel fixiert. Nach dem Halbfinale über 200 Meter Schmetterling schien er sich an seiner Getränkedose regelrecht festzuklammern. Sein Oberkörper bebte, der Atem kam stoßweise. „Oh, Mann bin ich platt“, sagte er. Dann verkündete er: „Aber im Finale werdet ihr von mir einen großen Auftritt erleben.“ Im Finale verbesserte Phelps den Weltrekord.

Jeder im US-Team trat so auf. Britta Steffen, die WM-Dritte über 100 Meter Freistil, beobachtete Natalie Coughlin im Aufwärmraum. „Die war völlig locker und selbstbewusst. Es wirkte so, als wäre das für sie irgendein Schwimmfest in Berlin. Die wusste, dass sie gewinnen würde.“ Coughlin holte in Melbourne zwei Gold-, zwei Silber- und eine Bronzemedaille. Und natürlich stellte sie einen Weltrekord auf: 59,44 Minuten über 100 Meter Rücken.

Birte Steven, WM-Sechste über 200 Meter Brust, kennt diese Mentalität. Sie hat vier Jahre in Oregon studiert und trainiert. „Die wissen, dass sie sich in den USA gegen enorme Konkurrenz durchgesetzt haben, das macht die selbstbewusst.“ Andererseits profitieren sie von einem ausgeprägten Mannschaftsgeist. „Das ist wie eine kleine Familie“, sagt Steven. Wer zum WM-Kader gehört, hat in den USA einen sportlich extrem harten Konkurrenzkampf hinter sich. „Unser Erfolgsgeheimnis ist die große Zahl von Talenten und gut ausgebildeten Trainern“, sagt Mark Schubert. Die US-Schwimmer kennen nichts anderes als Leistungsdruck im Alltag. Alle studieren mit Stipendien an Universitäten, alle müssen permanent mit guten Resultaten ihre finanzielle Unterstützung rechtfertigen. Wobei aber einer wie Phelps längst als Haupteinnahmequellen Sponsorenverträge und Prämien hat. Allein durch Sieg- und Weltrekordprämien kassierte er in Melbourne fast 200 000 Dollar.

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