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Sport: Die Harmonie verspielt

Eisbären-Trainer Pierre Pagé sieht seinen Klub auf einem falschen Weg

Berlin - Der Trainer scherzte mit dem Torwarttrainer, Stürmer Stefan Ustorf wirbelte seine Handschuhe durch die Luft und seine Kollegen neckten sich mit flotten Sprüchen. Bei der gestrigen Trainingseinheit der Eisbären wurde trotz drei Niederlagen in Serie Harmonie auf dem Eis gespielt. Krise? Natürlich nicht, sagte etwa Mark Beaufait. „Wir sind doch auch vergangene Saison nicht gut gestartet.“ Dann setzt der Stürmer trotzig einen Das-wird-schon-werden-Blick auf. „Wir gewinnen noch ein paar Spiele“, sagt er. Das erscheint für die Berliner angesichts ihrer Situation im Tableau der Deutschen Eishockey-Liga auch ratsam, da rangiert der zweifache Meister vor dem heutigen Spiel gegen die Düsseldorfer EG im Sportforum (19.30 Uhr, Liveübertragung auf Premiere) nach sieben Spielen weit hinter den eigenen Ansprüchen nur auf Rang acht.

Trainer Pierre Pagé hat am Sonntag nach der 5:7-Heimniederlage gegen die Krefeld Pinguine vieles im Klub kritisiert, Gründe für den Fehlstart genannt: Die schlechte Vorbereitung, fehlende Verstärkungen und falsche Terminplanungen. Drei Auswärtsspiele in fünf Tagen, so früh in der Saison, das sei Gift gewesen für seine Spieler, die besser mehr trainiert hätten. „Von der Verlegung des Spiels gegen Nürnberg habe ich zu spät erfahren“, schimpft Pagé. Offen zeigt der erfahrene Trainer seinem Arbeitgeber seine Unzufriedenheit: Obwohl Pagé seit Wochen einen unterschriftsreifen Vertrag bei den Eisbären vorliegen hat, hat er sein Arbeitsverhältnis bei den Berlinern noch nicht über die Saison hinaus verlängert.

Pagé weicht der Frage nach dem Vertrag zwar aus, was er sagt, sagt aber viel. Er glaubt, dass das Budget für das Team um zehn Prozent gekürzt wurde, daher das Geld für gute Spieler fehle. So gehe es nicht, findet er. „Wir können doch jetzt hier nicht sagen, dass wir in zwei Jahren in eine große Halle umziehen und wir bis dahin nur Durchschnitt anbieten. Das funktioniert im Sport nicht.“ Erfolgreich müsse man sein, nur so könne man mit den Eisbären die Arena am Ostbahnhof dann auch mit Zuschauern füllen. Ob Pagé in der O2-World noch hinter der Bande steht? Zurzeit vermittelt der Kanadier den gegenteiligen Eindruck, wirkt so, als könne er sich für die kommende Saison auch einen neuen Arbeitgeber vorstellen: So teilte Pagé erstaunten Zuhörern zuletzt schon mal unvermittelt und laut die Ergebnisse aus der ersten Schweizer Eishockey-Liga auffallend auffällig mit. Und dann spricht Pagé häufiger von seiner Heimatstadt Montreal als früher. Weg aus Berlin? Heimweh? „Natürlich bin ich momentan nicht glücklich“, sagt Pagé. „Wir wollen hier bei den Eisbären mehr erreichen, aber einige wollen weniger dafür leisten.“ Pagé meint damit Spieler, Management – sich selbst natürlich nicht: Es ist wohl vor allem so, dass Pagé Druck auf das Klubmanagement ausüben will, seine fehlende Vertragsunterschrift könnte als Drohkulisse dienen.

Der Manager weiß aber nicht, was er vom aufgeregten Trainer halten soll. Peter John Lee wirkt am Donnerstag müde und verweist lieber auf die ruhmreiche jüngere Vergangenheit. „Es ist doch unglaublich, was wir hier geleistet haben“, findet Lee. Jetzt müsse man sich eben auch mal „durchbeißen“ und „Geduld zeigen“. Und vielleicht tue sich da etwas in Sachen Verstärkungen, die der Trainer gefordert habe. Torwart Tomas Pöpperle, vergangene Saison maßgeblich am Berliner Titelgewinn beteiligt, ist kurz vor Saisonstart in der National Hockey League am 4. Oktober nur im Farmteam der Columbus Blue Jackets. „Pöpperle hat schon bei Jo angerufen und gesagt: Vergesst mich nicht“, sagt Lee.

„Jo“ ist Josef Dusek, der Torwarttrainer der Eisbären mit dem Pagé sich gestern beim Training so gut verstand – jener Dusek, mit dessen Arbeit Pagé nicht nur zufrieden ist. „Unsere talentierten Torhüter Youri Ziffzer und Daniar Dshunussow sind im Vergleich zum Vorjahr nicht stärker geworden“, sagt Pagé. „Ihnen fehlt die Konzentration für 60 Spielminuten.“ Pierre Pagé ist dieser Tage bei den Eisbären nicht zufrieden – nicht mit anderen und vielleicht nicht mal mit sich selbst. Da hilft alle gespielte Harmonie nicht.

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