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Sport: Die Idee eines echten Profis Heute vor 75 Jahren fand das erste Europacupspiel statt

Von Erik Eggers Köln. Wieder einmal war Hugo Meisl seiner Zeit weit voraus.

Von Erik Eggers

Köln. Wieder einmal war Hugo Meisl seiner Zeit weit voraus. Schon 1924 hatte er in Wien den Profifußball eingeführt, als der gesamte Kontinent noch dem Amateurideal huldigte. Mit Berufsspielern, dessen war sich Meisl sicher, würde der österreichische Fußball irgendwann die hohe Qualität der seit 1888 existierenden britischen Profiliga erreichen. 1927 jedoch drohte das Experiment zu scheitern. Nur zu den hochklassigen Derbys wie zwischen Rapid und der Austria kamen die Massen, in den anderen Ligaspielen führte die Langeweile Regie. Die Liga war chronisch unterfinanziert und brauchte dringend neue Einnahmequellen.

Im März 1927 zauberte Meisl, der Impresario des österreichischen Fußballs, ein fertiges Konzept aus der Tasche. Sein Plan: Die besten Profiteams aus Europa sollten in einem Wettbewerb gegeneinander antreten, in Hin- und Rückspielen, im K.-o.-Modus, an einheitlichen Spieltagen. Am 14. August 1927, vor 75 Jahren, war es so weit: In Wien, Prag, Belgrad und Budapest fanden die ersten Spiele um den Europapokal für Vereinsmannschaften statt. Und Meisls Plan ging auf. Bereits die Viertelfinals zogen knapp 90 000 Zuschauer an, die vier Halbfinals sahen 80 000, die beiden Endspiele zwischen Rapid und Sparta besuchten gut 65 000.

Ein sensationeller Erfolg war das. Fortan ging es in den nationalen Ligen nicht mehr allein um Meisterschaft und Abstieg, nun bezogen die Spiele ihre Spannung auch aus der möglichen Qualifikation für den neuen Europapokal, der nach seinem größten Sponsor fortan Mitropa-Cup hieß. Dafür versprach die Mitropa, die Vereine in ihren Eisenbahnen kostenlos zu den Auswärtsspielen zu transportieren.

Natürlich gab es anfangs die üblichen Kinderkrankheiten. So fanatisch, nationalistisch und erfolgshungrig die Wiener Zuschauer waren, so wenig ertrugen sie es, dass Rapid im Finale das mit 2:6 verlorene Hinspiel gegen Sparta Prag nicht mehr umbiegen konnte (2:1). Nach üblen Tretereien auf dem Feld und einer Roten Karte kam es bei der Pokalübergabe zu ohrenbetäubenden Buhrufen, und am Ende wurde der Prager Karel Pesek gar von einem Stein am Kopf getroffen. Aber letztlich zeugten diese Tumulte nur von der Attraktivität dieses neuen Wettbewerbs. Es war kein Zufall, dass 1929 italienische Mannschaften dazukamen, Ende der Dreißigerjahre auch welche aus der Schweiz. Liebend gern hätte Hugo Meisl auch deutsche Vereine mitspielen lassen, aber Deutschland besaß noch keine nationale Liga und vor allem keine Profis. „Berufsspieler sind Schädlinge des Sports, sie sind auszumerzen“ – diese Parole hatte der damalige Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes, Felix Linnemann, bereits 1920 ausgegeben.

Eben diese Haltung führte dazu, dass deutsche Mannschaften binnen weniger Jahre nicht mehr konkurrenzfähig waren. Im Mai 1931 verlor Deutschland in Berlin mit 0:6 gegen die nur „Wunderteam“ genannte österreichische Elf, beim Rückspiel in Wien kassierten die Deutschen mit 0:5 eine weitere herbe Niederlage. Hugo Meisl war auch der Vater dieses Wunderteams. Der Fußballorganisator, der acht Sprachen sprach, hatte allen Grund zu triumphieren – er hatte schließlich schon vor dem Ersten Weltkrieg den Professionalismus gefordert. Der Vordenker Hugo Meisl starb 1937 in Wien, er ist heute in Vergessenheit geraten. Seine Ideen aber sind den Fußballfans stets präsent. Zum Beispiel heute Abend, beim Spiel Partizan Belgrad gegen Bayern München.

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