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Schnelle Kumpeltypen. Haile Gebrselassie (links) und Patrick Makau. Foto: dapd

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Sport: Die Jagd auf den Spaßvogel

Vorjahressieger Makau fordert Gebrselassie

Berlin - Irgendwann klopfte Haile Gebrselassie dem leicht verdutzten Patrick Makau auf die rechte Schulter; natürlich hat Gebrselassie dabei gelacht. Gebreselassie lacht immer, außer vielleicht im Schlaf. Deshalb hat er auch gelacht, als er nach dem Klaps seinen schärfsten Rivalen beim Berlin-Marathon lobte. „Patrick ist vor allem auf der letzten Phase des Rennens sehr stark. Sein Schlussspurt ist toll.“ Makau lächelte nett, als er das hörte. Minuten zuvor hatte er in einem Berliner Hotel erklärt: „Ich möchte von Haile lernen, er hat viel mehr Erfahrung als ich. Irgendwann mal möchte ich so viele Marathons gelaufen sein wie er.“ Hätte bloß noch gefehlt, dass sie sich auf dem Podium um den Hals fallen.

Das holen sie wahrscheinlich im Ziel nach, sie werden vielleicht nahezu zeitgleich eintreffen. Der Weltrekordler Gebreselassie aus Äthiopien, viermaliger Sieger in Berlin, und Makau, der Vorjahressieger aus Kenia, werden sich, das ist die große Hoffnung von Renndirektor Mark Milde und vieler Fans, ein spannendes, möglicherweise sogar dramatisches Duell liefern. Gebrselassies Weltrekord steht bei 2:03:59 Stunden, Makau ist schon 2:04:48 Stunden gerannt, beide wollen „2:04 oder 2:05 laufen“, weil sich beide gegen knüppelharte Konkurrenz im jeweils eigenen Land für die Olympischen Spiele qualifizieren müssen. Kein Wunder, dass Milde „das Gefühl“ hat, „es könnte einen Weltrekord geben“.

Spannende Duelle hat Milde immer wieder angekündigt, vor allem, wenn Gebrselassie am Start war. Nicht immer kam es dazu. Doch wenn Makau nicht aussteigt, dann wird es hochinteressant. Hier der 26-jährige Kenianer, der sich ganz auf die Straße konzentriert, weil er so am besten seine Familie finanziell unterstützen kann, noch jung für einen Marathonläufer; dort der 38-jährige Superstar, der 2012 in London unbedingt Gold will, weil ein Olympiasieg im Marathon in Äthiopien das Größte ist. Gebreselassie ist ein Idol in seinem Land, aber wenn er von seiner Olympiabilanz redet, wenn er von seinen beiden Goldmedaillen jeweils über 10 000 Meter schwärmt, „dann“, erzählt er lachend, „sagen die Leute bloß: ach ja?“

Plötzlich hängt das Stichwort „New York“ im Raum. Gebrselassie wedelt mit der Hand, als wollte er eine Fliege abwehren, dann sagt er, natürlich lachend: „Reden wir nicht über New York.“ Die Journalisten reden aber doch über New York, über den Marathon 2010. Bei dem war Gebreselassie ausgestiegen, danach verkündete er frustriert und spontan seinen Rücktritt. Etwas zu spontan, in Addis Abeba kamen die Leute auf ihn zu und bestürmten ihn, weiterzumachen. „So möchte ich meine Karriere nicht beenden“, sagte Gebrselassie nach einer Woche und erklärte seinen Rücktritt zur unüberlegten Tat. Berlin ist sein erster Marathon nach seinem New-York-Auftritt. Sechs Tempomacher sorgen dafür, dass Gebreselassie und Makau eine schnelle Zeit erreichen können.

Es ist natürlich auch ein Duell der großen Laufnationen. Äthiopien und Kenia sind traditionell erbitterte Konkurrenten, und als die Kenianer bei der Leichtathletik-WM 2011 in Daegu besser abschnitten als die Äthiopier, „ist das in unserem Land umfassend diskutiert worden“, sagt Gebrselassie. Andererseits sieht er das Ganze auch überaus sportlich. „Wissen Sie, Äthiopien und Kenia brauchen einander. Es wäre doch sehr langweilig, wenn eine Nation alles gewinnen würde.“

Gebrselassie wird es bestimmt nicht langweilig, dafür braucht er nicht mal Kenianer. „Wir haben in Äthiopien viele junge Läufer, die mich unter Druck setzen. Ich muss in Berlin eine schnelle Zeit laufen.“ Das war ganz sicher mehr als bloß ein Spruch. Nur, wie ernst Gebrselassie seine Rivalen wirklich nimmt, das ist schwer zu sagen. Er lacht wieder.

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