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Sport: Die Kaltblüter der Liga

Der FC Bayern München hat keine Lust mehr auf Spaßfußball, sondern nur noch auf nackten Erfolg

München. Ottmar Hitzfeld ist ein Profi, deshalb bemühte er sich um einen besorgten Tonfall. „Wir müssen höllisch aufpassen“, sagte der Trainer nach dem 2:0 seiner Bayern über Hertha BSC mit Blick auf die kommenden Spiele. Des Trainers Sorge ist, dass das Tabellenbild leicht zu allzu großer Gelassenheit verleitet. Denn bei nüchterner Betrachtung gab es nicht allzu viel Spielraum für große Ausgelassenheit. Die Höhepunkte ließen sich problemlos auf der Rückseite einer Visitenkarte notieren, an die ersten 40 Minuten wird sich schon beim sonntäglichen Auslaufen niemand mehr erinnert haben. „Wir spielen jetzt nicht so, dass ich in Jubelschreie ausbrechen würde“, sagte Kapitän Oliver Kahn. Lob hört sich anders an. Auch der Doppeltorschütze Michael Ballack sagte nur: „Es war kein sehr schönes Spiel.“

Als Künstler wollten die Bayern zu Saisonbeginn Ästhetik in die Klasse bringen, einige Male gelang das auch, doch nach den Tiefschlägen auf internationaler Ebene scheint man wieder Gefallen zu finden am kargen Ergebnisfußball.

Mit Worten wie „souverän“, „solide“ und „geduldig“ verbrämte selbst Kluboberst Franz Beckenbauer die Leistung, die er vor Monaten wohl noch als unansehnlich abgekanzelt hätte. Zögen sich die Münchner nun schwarze Leibchen an, man würde das einst als „weißes Ballett“ titulierte Ensemble wohl bald schon als finsteres Bestattungskorps bezeichnen. Denn so trostlos die Mittel waren, mit denen sie Hertha BSC zermürbten, so kaltblütig hatten sie bereits die Hoffnungen der vorherigen Gäste auf einen Punktgewinn begraben. Das jedoch ist auch den Gegnern zuzuschreiben. Mit Ausnahme von Borussia Dortmund und Hannover 96 hinterließ keine Mannschaft den Eindruck, sie sei mit ernsthaften Siegesabsichten nach München gereist. Müsste ein Dauerkarteninhaber der Bayern-Spiele dem Rest der Liga ein Zeugnis ausstellen, es würde vernichtend ausfallen.

Manager Uli Hoeneß lässt das ziemlich kalt. „Ich habe vollstes Verständnis für die Mannschaft, dass sie nach den Wochen der Kritik so spielt, wie sie spielt.“ Kurzfristig zumindest. Zeitgleich arbeitet die Führungsriege emsig daran, das Gesicht der Mannschaft ordentlich zu liften. Während Hoeneß das Interesse an Stürmer Miroslav Klose bestätigte – der Lauterer soll 2004 Giovane Elber ablösen –, weilte Kollege Karl-Heinz Rummenigge am Wochenende in Südamerika, um sich laut Hoeneß „einen Spieler für den Abwehrbereich anzuschauen“. Fester Bestandteil der strategischen Zukunftsplanung sind zudem die Jungstars Roque Santa Cruz und Owen Hargreaves, deren bis zum 30. Juni 2004 datierte Verträge in Kürze langfristig verlängert werden sollen. So sieht es ganz danach aus, als wollten die Bayern auch künftig keine Spannung dulden.

Daniel Pontzen

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