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Sport: Die Klasse des Meisters

Für die Stars von Real Madrid war der Sieg gegen Dortmund ein normaler Arbeitstag

Madrid. Es war schon eindrucksvoll, wie sich die Koryphäen von Real Madrid Mittwochnacht nach getaner Arbeit aus den Katakomben des Bernabeu-Stadion verabschiedet haben. Da, wo der Putz von den Decken bröckelt, wollten die Journalisten eigentlich Erhabenes von den Fußballhelden erhaschen. Doch viel lief nicht in dieser nasskalten Nacht. Roberto Carlos winkte müde ab, Raul schüttelte den Kopf und eilte von dannen, Ivan Helguera tänzelte telefonierend durch die Mixed-Zone, Figo grinste und vertröstete die Berichterstatter mit einem zünftigen „Mañana“.

Es gab auch nicht viel zu sagen für die Stars in Weiß, die nach dem 2:1-Sieg über den Deutschen Meister Borussia Dortmund in frappierender Lässigkeit ihrem Feierabend entgegenschlenderten. Champions League? Überlebenskampf? Highlight? Ach Quatsch! Es war für die größte Ansammlung an Ausnahmekönnern, die der Fußball seit den 60er-Jahren gesehen hat, ein stinknormaler Arbeitstag. Dabei hätte die Madrider alles andere als ein Sieg gegen Borussia Dortmund bis ins Mark getroffen. Doch das hatten sich die kühlen Protagonisten nicht anmerken lassen. Nicht vor dieser für sie richtungweisenden Partie, nicht im Verlauf und schon gar nicht nach dem Schlusspfiff. Real hatte wahre Klasse gezeigt, auch wenn der Champions-League-Titelverteidiger nicht durchgehend brilliert hatte. Doch ein Team, das nach einer Niederlage gegen Milan und einem Unentschieden gegen Moskau dermaßen unter Siegeszwang steht und eine Partie dennoch so souverän runterspielt, muss eine kaum zu erschütternde innere Stärke besitzen.

Unter anderem ist das der Unterschied zwischen Real Madrid und Borussia Dortmund. „Man hat gesehen, dass die Mannschaft noch lernen muss“, konstatierte BVB-Sportmanager Michael Zorc, und Matthias Sammer fiel auf, „dass wir noch längst nicht so abgeklärt und ausgebufft sind wie unser Gegner“. Die Erkenntnis des Trainers nach dem Kräftemessen mit der Nummer eins in Europa: „Das war für uns ein wertvolles Spiel, wenn wir die richtigen Lehren ziehen.“ Insbesondere, wenn die Dortmunder verinnerlichen, wie man mit Druck souverän umgeht.

Real verließ die Zuversicht auch dann nicht, als der Spielverlauf gegen den Meister Spaniens war: Mit dem ersten Schuss aufs Tor hatte Jan Koller nach einer halben Stunde den BVB in Führung geschossen. Doch anstatt verunsichert zu reagieren, zogen die Zidane, Figo, Ronaldo und Co. ihr Kurzpassspiel stur durch. Ein Umstand, der Kapitän Stefan Reuter höchsten Respekt abnötigte: „Die haben in jeder Phase unheimlich sicher agiert, hervorragend kombiniert und waren stark in den Eins-gegen-eins-Situationen.“ So kam es, dass Raul kurz vor der Pause sein Ausnahmekönnen demonstrieren konnte, als er liegend gegen Christoph Metzelder und Christian Wörns zum Ausgleich einschoss. Dabei sahen die Dortmunder Manndecker aus wie D-Jugendliche bei der Stadtmeisterschaft. Ronaldo bescherte dann mit seinem Tor Real den Sieg.

Dass der entscheidende Treffer im Anschluss an einen Einwurf erzielt wurde, der eigentlich für Dortmund hätte gegeben werden müssen, wurmte Sammer. Er sprach von einer „ärgerlichen Fehlentscheidung des Schiedsrichters“. Doch allein am Unparteiischen mochte er die Niederlage nicht festmachen. Nie wäre es so einfach gewesen, so Sammer, beim europäischen Branchenführer die Punkte zu entführen.

Beim nächtlichen Bankett in einem Madrider Luxushotel, das Klubpräsident Gerd Niebaum geordert hatte, war die Stimmung natürlich gedrückt. Diese Events stehen für Borussia Dortmund offensichtlich unter keinem guten Stern. Vielmehr, so Niebaum, „scheint über unseren Banketts ein Fluch zu liegen. Immer, wenn wir so etwas planen, geht das Spiel in die Hose.“ Doch trotz der „fünften Beerdigungsrede in Folge“ mochte Präsident Gerd Niebaum „die Mannschaft jetzt nicht zu Grabe tragen“. Wozu auch, bereits am kommenden Dienstag kann der BVB mit einem Heimsieg gegen Real die Dinge wieder zurechtrücken.

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