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Sport: Die Kraft der Bank

Sven Schultze kann nicht nur mit dem Handtuch wedeln – sondern auch Alba ins Finale führen

Auf der Ersatzbank kann Sven Schultze alles. Mal springt der Basketballer von Alba nach einem Korb für sein Team auf und schwingt begeistert das Handtuch, mal brüllt er seinen Mitspielern lautstark Tipps zu. In einer Auszeit hüpfte er als Erster über die Werbebande und klatschte jeden Spieler einzeln ab. Die Trainer lieben ihn dafür, und weil der 32 Jahre alte Basketballer so langsam in die Jahre kommt, wie nicht nur an seinen grauen Haaren zu erkennen ist, neigen sie dazu, ihn immer öfter und länger auf der Bank sitzen zu lassen. Darüber hatte man fast vergessen, dass Sven Schultze ein sehr passabler Basketballprofi ist. Dann kam das fünfte Halbfinalspiel in Frankfurt.

„Ich habe meinen älteren Spielern gesagt, dass es heute auf sie und ihre Erfahrung ankommen wird“, sagte Albas Trainer Muli Katzurin nach dem Sieg in Frankfurt (87:68), der seinem Team den Einzug in das Finale um die deutsche Meisterschaft am Sonntag in Bamberg bescherte (15.45 Uhr, live in Sport1). Es ist allerdings fraglich, ob er Sven Schultze tatsächlich als Hauptfigur auf der Rechnung hatte. Denn eigentlich hatte ihn erst das vierte Foul des bis dahin sehr gut spielenden Derrick Allen dazu gezwungen, Sven Schultze ins Spiel zu bringen. Er sollte es nicht bereuen.

„Man muss ihm großen Respekt zollen“, sagte Katzurin, „er spielt nicht viele Minuten, aber er ist immer guter Stimmung – und er ist ein Kämpfer.“ Mit drei Dreiern erzielte Sven Schultze neun Punkte, doch es waren nicht irgendwelche Dreier. Jeder einzelne seiner Würfe zerstörte Frankfurts Siegeswillen. Besonders jener Wurf, der erst nach der Schlusssirene des dritten Viertels zum 65:48 in den Korb fiel.

„Sven Schultze ist das Gesicht der Mannschaft“, sagte Muli Katzurin. Tatsächlich hat sein Team nun schon zum zweiten Mal in diesen Play-offs ein entscheidendes fünftes Spiel gewonnen. Das zeugt von Willen und Kampfgeist, wie ihn Schultze besitzt. Und es dürfte den Berlinern vor dem Finale etwas Mut machen. Trotzdem gehen die Berliner erstmals seit 1996 als Außenseiter in eine Finalserie. Trainer Katzurin will dieses Wort zwar nicht aussprechen. „Das würde bedeuten, dass ich meinen Spielern nichts zutraue.“ Doch die Fakten sprechen für den Gegner: Bamberg ist Titelverteidiger und souveräner Erster der Hauptrunde; Bamberg hat in der Europaliga Erfahrung gesammelt; Bamberg hat den Heimvorteil und verlor in dieser Saison noch kein Heimspiel gegen einen Bundesligisten; Bamberg hat beide Spiele gegen Alba gewonnen, im ersten wurden die Berliner sogar 52:103 verprügelt.

„An dieses Spiel denken wir nicht mehr“, sagte Bryce Taylor, „wir sind jetzt eine andere Mannschaft.“ Tatsächlich ist Alba nach der desaströsen Niederlage im Dezember umgekrempelt worden. Trainer Luka Pavicevic und die Aufbauspieler Marko Marinovic und Hollis Price mussten gehen, Trainer Muli Katzurin, Centerspieler Miroslav Raduljevic und die Aufbauspieler Taylor Rochestie und Heiko Schaffartzik kamen. „Ich will nicht darüber reden, was vor mir passiert ist“, sagte Katzurin, deutete aber an, dass sich die Mannschaft bei seiner Ankunft in einem chaotischen Zustand befunden habe. Unter seiner Leitung verlor Alba in einem hochklassigen und dramatischen Heimspiel 93:97 gegen Bamberg. Wenn auch die Finalserie nach dem Modus „Best-of-five“ diese Klasse besitzt, wird es eine spannende Serie.

Dass Alba eine neue Mannschaft besitzt, bewies am Donnerstag auch die Statistik. Unter Luka Pavicevic haben die Akteure mit deutschem Pass nur eine Nebenrolle gespielt, in Frankfurt aber glänzten sie in Hauptrollen. So zeichneten Sven Schultze, Heiko Schaffartzik und Yassin Idbihi für 40 Prozent der Berliner Punkte verantwortlich.

Sie sind drei von insgesamt zehn Berliner Spielern, auf die Katzurin regelmäßig setzt. Bamberg hingegen spielt zumeist nur mit acht Akteuren. Immerhin ein Fakt, der vor dem ersten Finale für die Berliner spricht.

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