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Sport: Die Kraft der zwei Ebenen

Vor dem Spiel heute in Bochum setzt Herthas neuer Trainer Heine auf Training und Kommunikation

Berlin - Zwanzig Fußballprofis laufen ganz langsam und im Gleichschritt über den Rasen. Der Ball kullert zwischen ihnen durch. Richtungswechsel. Und jetzt im Watschelgang, im richtigen Abstand zum Mitspieler natürlich. So bewegt sich die Mannschaft des Bundesligisten Hertha BSC zehn Minuten lang über den Schenckendorffplatz. Das soll Profi-Fußball sein? Es sieht eher aus wie eine Trockenübung fürs Synchronschwimmen.

Und doch ist diese Übungseinheit wichtig für die Mannschaft. Es geht um das Verschieben der Positionen zum Ball im richtigen Abstand zum Mitspieler. „Manchmal ist das zwar ein bisschen langweilig. Aber gerade solche trainings-taktischen Dinge brauchen wir wieder“, sagt Defensivspieler Sofian Chahed. Der seit dem vergangenen Dienstag neue Cheftrainer Karsten Heine arbeitet auf dem Rasen wesentlich häufiger im taktischen Bereich, als das sein Vorgänger Falko Götz getan hatte. In der Mannschaft kommt das gut an. „Das ist der richtige Impuls“, sagt Chahed.

In dieser ersten Woche scheint irgendwie alles richtig zu sein, was Karsten Heine macht. Die Atmosphäre ist entspannt. Trotz der neun sieglosen Spiele in Folge. Trotz des wichtigen Auswärtsspiels heute beim VfL Bochum. Selbst der zuletzt zuverlässig schlecht gelaunte Innenverteidiger Josip Simunic lacht wieder. Obwohl Simunic heute gesperrt ist, hat Heine ihn im Training „oft vorneweg laufen sehen“. Natürlich hat Heine es nicht schwer in dieser ersten Woche. Alle Spieler wollen sich ihm anbieten, die Rollen werden neu verteilt. Unter Götz waren die Strukturen innerhalb der Mannschaft fest geworden, wie in eine Form gegossen. Der oft steif wirkende Götz ließ kaum Bewegung zu. „Wir müssen jetzt zeigen, dass es nicht an der Mannschaft lag“, sagt Simunic.

Karsten Heine ist unverkrampft. Neben der professionellen hat er eine zweite Ebene, auf der er mit seinen Spielern sprechen kann. „Ich habe einen sehr positiven Eindruck“, sagt Stürmer Christian Gimenez. Diese zweite Ebene hatte Götz gefehlt, beklagten seine Spieler. Weich ist Heine aber nicht. „Die Intensität der Trainingseinheiten ist höher geworden“, sagt Robert Müller, der drei Jahre lange unter Heine in der zweiten Mannschaft gespielt hatte. Deshalb sei er das schon gewohnt. „Außerdem trainieren wir jetzt auch etwas länger als unter Götz.“ Müller ist U-21-Nationalspieler. Unter dem alten Trainer hatte der Innenverteidiger keine Rolle gespielt. Für ihn könnte sich unter Heine etwas ändern. Heute in Bochum fehlen Hertha in der Verteidigung der gesperrte Simunic sowie der verletzte Arne Friedrich. An einen Einsatz von Beginn an glaubt Müller trotzdem nicht. Heine vertraut in dieser Phase wohl Spielern mit Bundesligaerfahrung. Jerome Boateng wird wahrscheinlich in die Innenverteidigung rücken und Malik Fathi könnte zurückkehren auf seine linke Abwehrseite. „Ich habe keine Bedenken, dass er wieder dahin kommt, wo er war mit seinem Selbstbewusstsein“, sagt Heine. Fathi hatte zuletzt verunsichert gewirkt, nachdem ihn Götz zunächst hart kritisiert und dann auf die Bank versetzt hatte.

Gerade im Defensivbereich hat Hertha Probleme. 45 Gegentore mussten die Berliner bereits hinnehmen, das ist der drittschlechteste Wert der Liga. „Wenn man ehrlich ist, war unser Spielaufbau schlecht“, sagt Chahed. Häufig geriet Hertha nach einfachen Ballverlusten unter Druck. „Dazu haben wir auch ein paar Übungen gemacht“, erzählt Chahed. Heine wollte der Mannschaft mehr Möglichkeiten im Spielaufbau zeigen. Dem Trainer selbst macht das alles „sehr viel Spaß, es ziehen alle mit“. Aber Heine weiß: „Wir müssen das am Samstag auch zeigen.“

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