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Sport: Die Last des Reisens

Der Asien-Trip der Nationalmannschaft trübt die gute Laune beim FC Bayern

Für Erfolg tut Felix Magath eine ganze Menge. Selbst seine Religion war er am Dienstagabend zu opfern bereit. Die Pressekonferenz war gerade eröffnet nach dem Einzug des FC Bayern ins Achtelfinale der Champions League, da erhob sich ein älterer Herr, ließ sich ein Mikrofon reichen und verlas jene Frage, die er sich für den Münchner Trainer notiert hatte: Im letzten Jahr sei es seinem Vorgänger Ottmar Hitzfeld ähnlich ergangen, er habe auf drei Hochzeiten getanzt, drei Bräute zur Auswahl gehabt, doch am Ende habe er alles verspielt und sei Junggeselle geblieben.

Also, begehrte der Fragesteller zu wissen: „Für welche Braut, Herr Magath, wollen Sie sich entscheiden?“ Niemand hätte sich gewundert, wenn in diesem Moment von irgendwoher Rudi Carrell eingeschwebt wäre, als Vater der Verkupplungs-Show Herzblatt war er stets Pate gleichermaßen romantischer Inquisitoren. Da antwortete Magath: „Ich werde mir überlegen, ob ich konvertiere. Es gibt ja Religionen, wo man mehrere Male heiraten kann.“

Die schlagfertige Replik war zweifellos das fantasiereichste Bekenntnis zum neuen Münchner Erfolgshunger, der sich nach dem 5:1 über Maccabi Tel Aviv bei den Bayern bemerkbar machte. Entklausuliert schob Felix Magath nach: „Wir wollen Titel holen, und dieses Ziel werden wir in allen drei Wettbewerben weiter verfolgen.“ Kapitän Oliver Kahn ergänzte, es scheine sich eine „sehr, sehr gute Truppe herauszukristallisieren, die durchaus fähig ist, international große Ziele zu erreichen“.

Felix Magath war also blendend gelaunt. Aus gutem Grunde: Seine Mannschaft hatte dem Aufwärtstrend der letzten Wochen eine erfreuliche Episode hinzugefügt. Doch plötzlich nahm Magaths Stimmung rapide ab, da nämlich, als er auf die Terminplanung des DFB angesprochen wurde, die der Nationalmannschaft einen zehntägigen Vorweihnachts-Trip in den fernen Osten beschert. „Wir können uns beim FC Bayern nicht immer nach der Nationalelf richten“, klagte Magath, schließlich sei schon die Vorbereitung im Sommer empfindlich durch die Europameisterschaft gestört worden. Zumindest auf einige besonders beanspruchte Akteure, so Magaths Hoffnung, möge sein DFB-Kollege bei den Spielen gegen Japan, Südkorea und Thailand daher bitte verzichten.

„Wenn Jürgen Klinsmann glaubt, er braucht Michael Ballack, dann muss er ihn holen. Aber die Frage ist, ob er sich damit einen Gefallen tut“, sagte Magath. „Die Spieler brauchen auch mal Regenerationszeit, sonst wird die Verletzungsanfälligkeit höher.“ Zwar sei die Belastung etwa in England wegen der fehlenden Winterpause noch höher, doch nun komme es auch für die deutschen Nationalspieler zu einer unangenehmen Terminhäufung, zumal im Sommer 2005 der Konföderationen-Pokal anstehe.

Auf zu viel Entgegenkommen vom DFB sollte Magath allerdings nicht hoffen. „Ich bin entschieden dagegen, dass man im Vorfeld über die negativen Dinge einer solchen Reise diskutiert“, hatte Klinsmann kürzlich erklärt und Rückendeckung von Team-Manager Oliver Bierhoff erhalten: „Richtung 2006 ist es wichtig, gegen Mannschaften der verschiedenen Kontinente zu spielen.“

Was die Asien-Reise betrifft, können die Bayern ihre Beschwerden im Übrigen vereinsintern weiterreichen, die strapaziöse Expedition ist ein Vermächtnis von Franz Beckenbauer. Bei seinem Werbefeldzug für die WM 2006 hatte der Bayern-Präsident den Asiaten einen Besuch der Nationalelf zugesagt. Das Versprechen war wohl unbedingt notwendig, schließlich kennt Beckenbauer die Belastungen von drei Wettbewerben aus eigener Erfahrung. Oder von drei Hochzeiten, bildlich gesprochen.

Daniel Pontzen[München]

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