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Sport: Die Leichtsinnigen

Der VfL Bochum hat sein Selbstvertrauen verloren

Die Fußballspieler des VfL Bochum müssen sich fühlen wie nach dem Erwachen aus einem langen, schönen Traum. Dieser Traum war Wirklichkeit geworden: Nach dem fünften Aufstieg haben sie sich in der Bundesliga gehalten und sogar im Europapokal gespielt, wenn auch nur eine Runde lang. Nach dem unglücklichen Abtritt von der internationalen Bühne haben sie eine Weile gejammert und gezetert. Inzwischen haben sie in der Bundesliga „Angst vor dem Gewinnen“, wie Mittelfeldspieler Thomas Zdebel sagt. Beim 1:3 gegen Bayern München ist ihnen diese Angst wieder einmal zum Verhängnis geworden. Auf einem Abstiegsplatz angekommen, werden die Bochumer in den nächsten Wochen und Monaten, wahrscheinlich sogar bis Saisonende, noch ganz andere Ängste auszuhalten haben. Ihnen ist so gut wie alles abhanden gekommen, was sie im vergangenen Jahr, der erfolgreichsten Saison der Vereinsgeschichte, ausgezeichnet hat: das Selbstvertrauen, die Heimstärke, die Abwehrkraft.

Cheftrainer Peter Neururer, der Anfang Dezember sein dreijähriges Dienstjubiläum feiern könnte, nennt weiter die 20-Punkte-Marke als Halbjahresziel. Bei elf Zählern aus dreizehn Runden eine ambitionierte Vorgabe, die Fantasie erfordert. Die letzten vier Gegner in der Hinrunde sind: Mainz 05, 1. FC Nürnberg, VfB Stuttgart und der Hamburger SV.

Doch der Trainer glaubt an die Umkehr. Oder er tut wenigstens so. „Die Art und Weise, wie wir gespielt haben, macht Hoffnung. Die Leistung der Mannschaft sollte ausreichen, am Samstag in Mainz wieder das alte Selbstbewusstsein zurückzugewinnen.“ Gegen den FC Bayern will Neururer einen „zukunftsorientierten“ Auftritt gesehen haben, den er später verbal sogar in die Kategorie „fantastisch“ erhob. Der beredsame Fußballlehrer versucht schon seit längerem die Mängel des VfL rhetorisch aufzufangen. Aber es gelingt ihm nicht mehr, auch wenn er nach der Partie gegen die Bayern einige Argumente auf seiner Seite hatte: Das erste Gegentor war abgefälscht, das zweite fiel aus einer Abseitsposition, das dritte schossen die Bochumer selbst. „Dieses Spiel ist innerhalb von sechs Minuten auf kuriose Art gekippt“, befand Neururer.

Eine Trainerdiskussion wird in Bochum offiziell (noch) nicht geführt, zumal der Klub die Steuerfahndung und damit zusätzliche Schwierigkeiten mit ungewissem Ausgang im Haus hat. Neururer selbst fühlt sich sicher: „Bei dem Rückhalt, den ich hier spüre, werde ich nicht entlassen.“ Falls er jedoch die Mannschaft irgendwann nicht mehr auf die Erfolgsspur zurückführen könne, werde er „von selbst gehen“. Noch wirken solche Eventualvorstellungen als reine Rhetorik. Doch das könnte sich, bei allen Verdiensten, ändern, wenn sich in Bochum nicht bald die Ergebnisse bessern.

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