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Sport: Die Lust des Zauberers

Marcio Amoroso spielt sich beim Dortmunder Sieg gegen Kaiserslautern für das Spiel gegen Milan ein

Dortmund. Bei Borussia Dortmund haben die Fans einen geflügelten Satz, der den Kern trifft: Heute, sagen sie, wenn sie die schillerndste Figur im Dortmunder Luxuskader von der Südtribüne aus beobachten, „heute hat der Marcio mal wieder Lust“. Es ist tatsächlich verblüffend, wie gut an der Körpersprache von Marcio Amoroso abzulesen ist, ob Großes von ihm zu erwarten ist, oder ob er das Spiel an sich vorbeiplätschern lässt.

Am Samstag, beim Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern, zeigte sich Dortmunds Zauberer nach langen Wochen des Müßiggangs mal wieder gnädig gestimmt: Nach gut einer Stunde Spielzeit betrat der Brasilianer den Rasen des Westfalenstadions, knapp zehn Minuten später entschied er mit einem Doppelschlag eine Partie, die der Deutsche Meister sonst wohl nicht siegreich gestaltet hätte. 1:1 hatte es nach Toren von Tomas Rosicky für die Borussia und José Manuel Dominguez für Kaiserslautern gestanden. Das Publikum murrte. Dann kam Amoroso, und das Spiel nahm seinen Lauf. Zwei Tore des Südamerikaners binnen vier Minuten machten aus dem 1:1 ein 3:1 für den Meister, der wieder einmal die Bestätigung dafür erfuhr, dass dieser Mann einfach ein Phänomen ist.

Das Timing scheint ideal, immerhin kommt am Mittwoch der AC Mailand zum Champions-League-Spiel ins Westfalenstadion. Spiele auf der großen Bühne liebt der Exzentriker so sehr, dass Borussias Manager Michael Meier sich des Eindrucks nicht erwehren konnte, der Stürmer wolle sich mit seinem spektakulären Kurzauftritt gegen Kaiserslautern „einspielen für Mailand“.

Jetzt haben sie ihn alle wieder lieb, dabei hätten sie Amoroso vor einer Woche am liebsten mit Schimpf und Schande aus dem Revier gejagt. Im Spiel gegen den 1. FC Nürnberg war der Stürmer eine Halbzeit lang derart lustlos über den Platz geschlichen, dass die Sache schwer nach Provokation roch. Wie anders war da das Auftreten gegen Kaiserslautern, als der 28-Jährige die 68 000 Zuschauer in einer knappen halben Stunde in Verzückung versetzte: zwei Treffer, ein krachender Freistoß, drei, vier beeindruckende Dribblings – Showtime mit Marcio Amoroso. „Wie er sich bewegt hat, wie er gelaufen ist, das hatte eine ganz andere Ausstrahlung als zuletzt“, urteilte Trainer Matthias Sammer.

Dem war der kapriziöse Star nach seinem zweiten Tor demonstrativ in die Arme gelaufen, als wolle er allen zeigen: „Chef, ich bin wieder da. Alles wird gut.“ Sammer und Amoroso, das ist eine ganz eigene Geschichte. Der Trainer schätzt die fußballerischen Qualitäten des teuersten Bundesligaprofis über alle Maßen, „über seine Klasse brauchen wir nicht zu diskutieren“, sagt Sammer immer wieder. Doch die künstlerischen Auszeiten des begnadeten Stürmers, die wollen dem preußischen Sachsen Sammer so gar nicht gefallen. Mit missionarischem Eifer versucht der Trainer, Amoroso einzutrichtern, dass zu einem großen Spieler auch eine gewisse Konstanz gehört. Dortmunds Trainer gibt die Hoffnung nicht auf. In der Woche nach der Leistungsverweigerung in Nürnberg habe Amoroso „sehr, sehr positive Signale gesetzt“. Unter anderem vier Treffer innerhalb einer halben Stunde beim Testspiel gegen den Regionalligisten Paderborn. Solche Auftritte seien für einen Weltstar „keine Selbstverständlichkeit“. Und deshalb betonte Sammer nach dem Sieg gegen Kaiserslautern immer wieder, Marcio Amoroso habe sich „seine Tore hart erarbeitet“.

Um die Befindlichkeit des Bundesliga-Torschützenkönigs brauchen sie sich in Dortmund in den nächsten Tagen sowieso keine Sorgen zu machen. Schließlich kommt der AC Mailand. Solche Begegnungen setzen im Brasilianer alle verfügbaren Lustgefühle frei. So wie Ostern, als Amoroso Milan beim fulminanten 4:0 im Uefa-Pokal mit drei Treffern im Alleingang zerlegte.

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