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Sport: Die Mafia gerät unter Druck

Dem Handball droht wegen ständiger Manipulationen der Ausschluss aus dem Olympia-Programm

Lausanne ist nicht als Handball-Hochburg bekannt, doch in Kürze könnte hier über die Zukunft des Spiels entschieden werden. In der Schweizer Stadt nämlich hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) seinen Sitz. Aufgeschreckt durch Presseberichte und den Protest des koreanischen Olympischen Komitees, bittet es nun um rasche Aufklärung im Manipulationsskandal beim Olympia-Qualifikationsturnier der Asiatischen Handballföderation (AHF), der Anfang September dem krassen Außenseiter Kuwait das Ticket für Peking 2008 einbrachte.

Noch gibt es aus Lausanne kein offizielles Statement, doch hinter den Kulissen rumort es. Offenbar befürchtet IOC-Präsident Jacques Rogge, der sich den Kampf gegen Korruption auf die Fahnen geschrieben hat, einen schweren Imageschaden für die olympische Bewegung. Nicht nur die beiden deutschen IOC-Mitglieder warnen. „Wenn es sich um eine Olympia-Qualifikation handelt, dann muss das IOC eingreifen. Da können wir uns nicht raushalten“, sagt Walther Tröger. Die Hoheit liege bei den Fachverbänden, erklärt IOC-Vizepräsident Thomas Bach, „allerdings beobachten wir sicher, was im Handball passiert“. Sollte die Korruption kein Ende nehmen, sei sogar der Status des Handballs als olympische Sportart in Gefahr, heißt es in IOC-Kreisen.

Ein Video, das dem IOC mittlerweile vorliegt, lässt keinerlei Zweifel an der Schiedsrichtermanipulation. Mit zahlreichen klaren Fehlentscheidungen pfiffen die beiden jordanischen Referees die kuwaitische Mannschaft zu einem 28:20-Sieg gegen die hoch favorisierten Südkoreaner. Perfekt machte den Skandal, dass die Internationale Handball-Föderation (IHF) Südkorea zuvor eigentlich den Einsatz der deutschen Spitzenschiedsrichter Lemme/Ullrich zugesagt hatte.

Schiebung im Welthandball hat Tradition. Bereits 2003 waren die Südkoreaner während eines offensichtlich verschobenen WM-Qualifikationsspiels aus Protest dazu übergegangen, den Ball ins eigene Tor zu werfen. Im gleichen Jahr sicherte sich Ägypten mit einem Sieg gegen Tunesien das Olympia-Ticket für Athen 2004 – die beiden slowenischen Schiedsrichter erhielten dafür 5000 Dollar von den Ägyptern. Das bestätigten damals jedenfalls Mitarbeiter der IHF und versprachen Untersuchungen – die nie publiziert wurden.

Das Scharnier zwischen den Skandalspielen ist eine unheilvolle Koalition zwischen Weltverband und Asiatischem Kontinentalverband. Der ägyptische IHF-Präsident Hassan Moustafa und der kuwaitische AHF-Chef Scheich Ahmad El-Fahad Al-Sabah, der Moustafa 2000 auf den IHF-Thron hieven half, gelten als enge Verbündete und decken sich gegenseitig, wenn sie sich auf illegalem Wege Olympiatickets organisieren – und „ignorieren dabei schon seit Jahren jegliches sportliches Fairplay“, wie ein Handballfunktionär sagt. Günther Kirschbaum, Manager des Bundesligisten Balingen, beschimpft die Entourage um Moustafa frei heraus als „mafiös“. Pikant: Der kuwaitische Scheich gehört dem IOC seit 1992 an.

Eigentlich bleibt der IHF nur ein Ausweg: „Eine Wiederholung mit neutralen Schiedsrichtern“, wie Kyung-Shin Yoon, der betrogene koreanische Star in Diensten des HSV Hamburg, hofft. Doch IHF-Präsident Moustafa soll diesen Vorschlag, wird in der Baseler Zentrale berichtet, wütend abgelehnt haben. Ein entsprechender Antrag für die nächste IHF-Ratssitzung im Dezember soll dennoch bereits formuliert sein. Die Zeit drängt: Bis Ende Januar muss die Olympia-Qualifikation laut IOC-Reglement abgeschlossen sein.

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