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Obenauf. Nico Schlotterbeck feierte ein gelungenes Länderspieldebüt. Mit einem kleinen Schönheitsfehler.

© IMAGO/Matthias Koch

Die Nationalmannschaft siegt 2:0 gegen Israel: Ein Plädoyer für die Zukunft

Für das Spiel gegen Israel hat Bundestrainer Flick Julian Weigl und Julian Draxler reaktiviert. Doch es sind die unverbrauchten Spieler, die überzeugen.

Ein knappes Dreivierteljahr ist Hans-Dieter Flick, genannt Hansi, jetzt Bundestrainer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Dass ihm das Schicksal in dieser Zeit übel mitgespielt hätte, das lässt sich wahrlich nicht behaupten. Auch am Samstagabend, im Testspiel gegen Israel, lief es wieder mal perfekt, selbst wenn Flicks Empfindung kurz vor Ende des Spiels eine andere gewesen war. Da nämlich kroch mächtiger Ärger in ihm hoch.

Der Ärger über einen unnötigen Aussetzer des jungen Freiburgers Nico Schlotterbeck, der in Sinsheim sein Debüt für die Nationalmannschaft feierte. Es war alles in allem ein überzeugendes erstes Mal – zumindest bis in die Nachspielzeit. Da nämlich fiel Schlotterbeck in eine Art Sekundenschlaf. Als er wieder wach wurde, lag sein Gegenspieler Yonatan Cohen auf dem Rasen, und es gab Elfmeter für die israelische Nationalmannschaft.

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Aus Schaden wird man klug, heißt es, und insofern hätte es für Flick, für Schlotterbeck und für die gesamte Mannschaft in Sachen Lerneffekt kaum besser laufen können. „Bei einer WM kann so ein Ding in der 90. Minute tödlich sein“, sagte der Bundestrainer über den elfmeterwürdigen Tritt des Freiburger Verteidigers gegen den Fuß seines israelischen Gegenspielers.

Flick hatte schon im Anlauf auf das Spiel berichtet, dass der 22 Jahre alte Schlotterbeck bei allen erfreulichen Anlagen zu Bequemlichkeit neige. „Er will immer den Ball haben, agiert sehr selbstbewusst. Das gefällt mir“, sagte der Bundestrainer. „Aber manchmal nimmt er sich wieder einen Tick raus. Daran arbeiten wir.“ Die Notwendigkeit dürfte auch Schlotterbeck am Samstagabend noch einmal bewusst geworden sein. „Das war einfach schlecht in der Situation“, gestand er.

Achter Sieg im achten Spiel unter Flick

Dass Flick in der Nachbetrachtung recht gnädig war, lag daran, dass der gefoulte Cohen mit seinem Strafstoß an Torhüter Kevin Trapp scheiterte; dass es folglich beim 2:0-Erfolg für die deutsche Mannschaft blieb und sie im achten Spiel unter Flick nicht nur zum achten Mal als Sieger vom Feld ging, sondern auch zum sechsten Mal kein Gegentor kassierte.

Der Fleck auf Schotterbecks Leistung ließ sich also recht leicht ausbürsten und beeinträchtigte den positiven Gesamteindruck nur bedingt. „Er war sehr präsent. Er war aktiv“, sagte Hansi Flick. „Er kann zufrieden sein mit seinem Debüt.“ Und er kann sich Hoffnungen machen, über kurz oder lang ein fester Bestandteil der Nationalmannschaft zu werden.

David Raum (mit dem Pokal des U-21-Europameisters) hat seinen Kollegen gezeigt, wie schnell es nach oben gehen kann.
David Raum (mit dem Pokal des U-21-Europameisters) hat seinen Kollegen gezeigt, wie schnell es nach oben gehen kann.

© imago images/Sven Simon

Personell musste Flick wegen diverser Ausfälle gehörig improvisieren, und seine Nominierungspraxis für die beiden Testspiele gegen Israel und gegen Holland (am Dienstag in Amsterdam) konnte man im Grunde als Wettstreit zweier widersprüchlicher Prinzipien verstehen: Vorwärts in die Vergangenheit versus Zurück in die Zukunft. Das Ergebnis fiel recht eindeutig aus.

Gegen Israel tauchten in der Startelf zwei alte Bekannte auf, die man lange nicht gesehen hatte. Und die man, ehrlich gesagt, auch nicht allzu sehr vermisst hatte. Julian Draxler spielte im rechten offensiven Mittelfeld, Julian Weigl als Sechser vor der Abwehr. Beide haben vor geraumer Zeit die Bundesliga verlassen und sich damit selbst ein wenig aus dem Fokus der deutschen Öffentlichkeit begeben. Bei Weigl waren fünf Jahre seit dem letzten seiner zuvor fünf Länderspiele vergangen.

David Raum hat gezeigt, wie schnell es gehen kann

Nach einer guten Stunde machte er Platz für Anton Stach, einen weiteren Debütanten, den das breite Publikum vermutlich genauso wenig auf dem Schirm gehabt hatte wie Weigl. Stach, 23, spielt seit dieser Saison bei Mainz 05 und verfügt über die noch recht dünne Erfahrung von 21 Bundesligaeinsätzen. Auch er ist im defensiven Mittelfeld zu Hause, interpretiert die Rolle aber grundsätzlich anders als Weigl, nämlich dynamisch, offensiv, mit jugendlichem Schwung.

Stach und Schlotterbeck haben im Sommer mit der deutschen U 21 den EM-Titel gewonnen. Zusammen mit David Raum, der seinen früheren Kollegen schon einen Schritt voraus ist. Der Linksverteidiger der TSG Hoffenheim bestritt in Sinsheim sein viertes Länderspiel und war nicht nur wegen seiner Ecke, die zum 1:0 führte, der auffälligste Spieler auf dem Platz.

Wie Stach ist Raum im Sommer vom Aufsteiger Greuther Fürth in die Bundesliga gewechselt. Bei seiner ersten Nominierung für die Nationalelf haben sich viele noch gewundert. Davon kann keine Rede mehr sein. Mit seiner offensiven Interpretation der Außenverteidigerposition ist David Raum zu einer der Attraktionen der Bundesliga geworden. Und zu einem Vorbild für seine Altersgenossen Anton Stach und Nico Schlotterbeck.

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