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Mit der Attitüde des Staatsmanns. Tennisprofi Andy Murray machte auch beim Treffen mit dem britischen Premierminister David Cameron eine gute Figur. Foto: dpa

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Sport: Die neue Lockerheit

Murray glaubt an einen Erfolg beim Tour-Finale

Andy Murray ist sehr gut versichert. Das versicherte der Schotte zumindest glaubhaft, als ihm der britische Premierminister David Cameron inmitten seines antiken Mobiliars, das schon sämtliche seiner Amtsvorgänger sorgsam gehütet hatten, ganz unverblümt einen Tennisschläger reichte. Cameron ist passionierter Spieler und Anhänger der englischen Traditionssportart, und so ließ er es sich am Donnerstag nicht nehmen, jene acht besten Profis in seinen Amtssitz einzuladen, die ab heute in London beim Tour-Finale um den Titel kämpfen. Adrett herausgeputzt und weit aufgeregter, als sie es gewöhnlich bei solchen Terminen sind, erschienen die acht in der ehrwürdigen Downing Street Nummer 10 und wagten es kaum, sich auf einen der wertvollen Stühle zu setzen. Rafael Nadal hatte zuvor trainiert und seine Schlägertasche dabei, so konnte er Cameron mit seinem Racket aushelfen. Behutsam spielte dieser mit Murray einige Volleys hin und her – ohne dass das Mobiliar in Mitleidenschaft gezogen wurde.

„Es war ganz witzig“, erzählte Murray später über seinen Ballwechsel mit dem Premierminister. „Er ist nicht unbegabt und lernt gerade den Topspin.“ Dass der Schotte den kleinen Spaß mitmachte, so locker plauderte und dabei gar ab und an lächelte, wäre vor einem Jahr noch undenkbar gewesen. Damals war dem blassen, jungen Hünen aus Dunblane in jedem Moment anzumerken, dass die enormen Erwartungen seiner Landsleute ihn fast erdrückten. Nie wich seine Anspannung, nicht einmal auf den offiziellen Fotos huschte ein Lächeln über sein Gesicht. Murray spielte nicht schlecht bei der Premiere in London, trotzdem reichte es nicht einmal für das Halbfinale. „Ich wollte so gerne gewinnen. Ich dachte, ich spiele gut genug“, sagte Murray. Dieses Mal soll alles besser werden, obwohl die Vorzeichen eigentlich schlechter stehen.

Denn heute Abend beginnt der 23-Jährige mit dem ersten Gruppenspiel gegen Robin Söderling, und es war der Schwede, der Murray mit dem Sieg beim Masters in Paris gerade von seinem fast schon angestammten vierten Platz in der Weltrangliste verdrängte. „Ich spiele in diesem Jahr etwas unkonstant“, monierte Murray, trotzdem hält er seine Saison mit nur zwei Titeln für erfolgreich. Sie begann mit dem verlorenen Grand-Slam-Finale bei den Australian Open, das Murray völlig aus der Bahn warf. Erst in Wimbledon fand er wieder zu seiner Form, trennte sich jedoch kurz darauf von seinem Trainer Miles Maclagan. Seither steht ihm nur der frühere Profi Alex Corretja mit seinem Rat zur Seite.

Richtig gesucht hat Murray bisher nicht nach einem Ersatz. „Es läuft doch eigentlich alles. Und es ist auch nicht leicht, jemand Passenden zu finden“, erklärte er. Murray braucht die alleinige Kontrolle über sein Umfeld, Widerworte duldet er nicht. „Ich bin in den letzten Monaten ein kompletterer Spieler geworden, ich habe mich sehr verbessert – besonders mental“, sagte Murray. Er muss es sein, spielt doch neben David Ferrer auch noch Roger Federer in seiner Gruppe. „Das Publikum wird den Unterschied ausmachen“, glaubt der Schotte. „Die Zuschauer werden alle hinter mir stehen.“ Und zum ersten Mal klingt es, als sei es keine Bürde mehr für ihn.

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