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Sport: Die Osterweiterung

Die WM-Stimmung mäßig, die Japaner erfolglos, trotzdem geht der Trend zu Austragungsorten in Asien

Sapporo - Die Reaktionen im Publikum sind verhalten, als der norwegische Stadionsprecher im Super Dome Langläufer Tobias Angerer als „König von Oberbayern“ ankündigt. Überhaupt ist die Stimmung mäßig bei der 47. Nordischen Ski-WM in Sapporo; die Zuschauerzahl sinkt stetig seit der Eröffnung am 22. Februar. Blieben am ersten Wettkampftag nach der Eröffnungsfeier noch 23 602 Zuschauer auf den Rängen im riesigen Sapporo Dome sitzen, sahen gestern nur noch 1910 Leute zu bei der Langlauf-Doppelverfolgung der Männer.

Zumindest „die, die da waren, haben eine Menge Radau gemacht“, sagte Tobias Angerer nach dem Rennen. Allerdings waren viele Fans extra aus Europa angereist. In Asien spielt Langlauf keine Rolle, und in der Stadt Sapporo ist von den Nordischen Ski-Weltmeisterschaften wenig zu merken.

Wenigstens das Wetter spielt mit – auch wenn es in Sapporo wegen der Nähe zum Pazifik wechselhaft ist und der scharfe Wind den Sportlern das Leben schwer macht. Die Langläufer versuchen deshalb, möglichst oft im Windschatten zu laufen, um Kräfte zu sparen. Dafür war pünktlich zur Eröffnung Schnee gefallen – und der reicht bisher, um Bilder eines Wintersportspektakels in die Welt hinauszuschicken. Trotz der müden Stimmung haben die aktuellen Bilder aus Sapporo etwas Versöhnliches: Pünktlich zu den Saisonhöhepunkten ist der Wintersport in den Winter zurückgekehrt. Schon die Alpinen hatten bei ihren Weltmeisterschaften in Schweden Schnee im Übermaß.

In einer Welt, in der ständig von Märkten die Rede ist und der asiatische als der vielversprechendste überhaupt gilt, hat es lange gedauert, die Nordische Ski-WM nach Asien zu bringen. Erst im dritten Bewerbungsanlauf – nach 2001 (in der Abstimmung Lahti unterlegen) und 2003 (Val di Fiemme) – bekam Asien zum ersten Mal den Zuschlag. Immerhin war Sapporo bereits Austragungsort der Olympischen Winterspiele 1972.

Auf der wintersportlichen Landkarte kam der Kontinent zuvor lange nur am Rande vor. Die Wege aus Europa sind weit, Reise- und Hotelkosten hoch. Sapporo hat sogar einen Zuschuss geleistet, um möglichst viele Sportler auf die Insel Hokkaido zu locken. Belohnt wurde die Investition mit dem Rekordergebnis von 49 teilnehmenden Nationen, ebenso viele wie vor zwei Jahren in Oberstdorf und acht mehr als 2003 in Val di Fiemme. Der Markt für Nordischen Skisport wächst, wenn auch nur in eine Richtung: ostwärts. „Politische Gründe“, das Entstehen neuer Staaten, nennt GianFranco Kasper, der Präsident des Weltskiverbandes FIS, als Grund dafür. Eine regelrechte Osterweiterung hat im Weltcup-Kalender stattgefunden, mit Stopps in Otepää/Estland, dem russischen Rybinsk und Changchun in China. So gesehen liegt eine WM in Japan voll im Trend.

In Europa leidet die Strahlkraft unter der Zeitverschiebung, dennoch sieht Sapporos Bürgermeister Fumio Ueda „eine große Chance, von der Welt wahrgenommen zu werden“. Das Land hat eine lange Skisprung-Tradition – weshalb die Zuschauer bisher lieber an die Schanze gingen als zum Langlaufen. Auch in der Kombination sind die Japaner nicht chancenlos, allerdings musste Daito Takahashi bereits aufgeben. Er stürzte am Freitag beim Springen schwer und zog sich einen doppelten Schulterbruch zu.

Etwas Hoffnung verschaffte Langläuferin Madoka Natsumi ihren Landsleuten, als sie beim Einzelsprint Platz fünf belegte und das bisher beste Ergebnis für Japan erzielte.

Marc Beyer

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