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Blick nach unten. Doch Gössner (r.) war mit einem vierten Platz noch beste Deutsche.

© dpa

Die Pleiten der deutschen Langläufer: Bundestrainer Frank Ullrich steht nach der WM in der Kritik

Die deutschen Langläufer enttäuschen bei der WM in Val di Fiemme. Für Sotschi 2014 baut der neue Bundestrainer Frank Ullrich auf die Verbesserung des Materials, eine Biathletin und ein Comeback.

In der Sonne war es mindestens 20 Grad warm, es roch an diesem letzten WM-Tag im Fleimstal schon nach Frühling. Das ist die Jahrszeit, in der Hoffnungen wachsen. Auch die deutschen Skilangläufer waren nach Titelkämpfen voller Pleiten, Pech und Pannen mit der Hoffnung auf ein Happyend ins 50-Kilometer-Rennen gegangen. Am Ende reichte es zu einem starken siebten Platz von Hannes Dotzler. Wieder mittendrin in der Weltklasse, aber nicht dabei bei den Podestplätzen. Die Kombinierer (drei Medaillen) und die Skispringer (zwei) erfüllten ihr Soll, die deutschen Skilangläufer dagegen fahren erstmals seit 16 Jahren ohne Medaille von einer Nordischen WM nach Hause.

Wahrlich kein guter Start für den vor zehn Monaten als Bundestrainer angetretenen Frank Ullrich. Dort, wo er vor den Titelkämpfen eine Medaillenchance ausgemacht hatte, waren seine Läufer am Ende weit entfernt vom Podest. Im Teamsprint reichte es zu den Plätzen acht und neun, in den Staffeln zweimal zu Platz sieben. Ernsthaft um eine Medaille mitkämpfen konnte nur die vom Biathletin ausgeborgte Miriam Gössner – sie verpasste Bronze über 10 Kilometer nur um 0,5 Sekunden. Und deklassierte mit von ihrem finnischen Techniker präparierten Ski die deutschen Spezialistinnen.

Ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Sotschi will Sportdirektor Thomas Pfüller trotzdem nicht den Nachfolger von Jochen Behle in Frage stellen. Man habe nach dem „Abtritt von Jochen nicht so viele Alternativen gehabt“ und Frank Ullrich sei eine „gute Alternative“. An der aber in den Tagen von Italien intern leise Kritik aufgekommen ist. „Man braucht Teams, die sich blind verstehen. Dass das nach ein paar Monaten noch nicht so läuft, ist klar“, sagt Pfüller. „Da gibt es Nachholbedarf, auch in Sachen Stimmung.“

Frank Ullrich hofft auf besseres Material

Immer wieder hatte man in diesen Tagen das Gefühl, dass die Sportler und Ullrich, der im Gegensatz zu Behle verkrampft wirkt, noch fremdeln. Doch der nach dem Olympia-Debakel von 2010 als Biathlon-Bundestrainer der Männer zurückgetretene Ullrich versuchte, die Probleme wegzulächeln. „Ich denke, wir sind auf einem guten Weg Richtung Sotschi. Die Lockerheit hat bei einigen ein bisschen gefehlt“, kommentierte der 55-jährige Thüringer. „Erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu.“ Man benötige in Zukunft stabilere Stöcke und Ski.

Das war eine ironisch gemeinte Anspielung auf das Staffelrennen, in dem Schlussläufer Axel Teichmann in aussichtsreicher Position nach einem selbst verschuldeten Sturz der Ski gebrochen war. Das Material war ein wesentlicher Kritikpunkt, neben der offenbar erst gegen WM-Ende eintretenden Topform – Nicole Fessel schaffte über 30 Kilometer einen starken fünften Platz. „Es waren einfach zu viele Wettkämpfe dabei, wo wir materialmäßig nicht konkurrenzfähig waren. Das muss uns zum Nachdenken bringen“, sagte Pfüller. Offenbar funktioniert die Kommunikation auch zwischen den Technikerteams nicht.

Bestes Beispiel: Am Tag, als Kombinierer Eric Frenzel mit Topski souverän zu Einzel-Gold lief, hatte die Frauen-Staffel der Langläufer ganz offenbar verwachst. Die „größte Enttäuschung der WM“, wie sie Pfüller nannte, wird vor Olympia Konsequenzen in den Teams der Wachsspezialisten haben. Das hat der Sportdirektor bereits angekündigt. Eine Neuauflage könnte in Sotschi dagegen der Einsatz der pfeilschnellen Biathletin Gössner erleben. „Sie hat Blut geleckt und gesagt: Ich komme zurück, so lasse ich das nicht stehen“, sagte Ullrich. Gemeinsam mit der angekündigten Rückkehr von Claudia Nystad in das deutsche Langlaufteam ist das für ihn nach der Medaillenpleite im Fleimstal wohl die größte Hoffnung.

Lars Becker

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