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Sport: Die Politik spielt mit

Von Benedikt Voigt London. Natürlich kann man das Leben so einfach sehen wie Aisam-ul-Haq Qureshi.

Von Benedikt Voigt

London. Natürlich kann man das Leben so einfach sehen wie Aisam-ul-Haq Qureshi. „Wir kennen uns schon länger von einigen Challenger-Turnieren“, plaudert der 22-jährige Tennisspieler, „Amir Hadad ist ein netter Kerl, und deshalb haben wir hier während der Qualifikation ausgemacht, dass wir das Turnier zusammen spielen.“ Letzteres übrigens gar nicht so schlecht, wie der Einzug dieses zufälligen Doppels in die dritte Runde von Wimbledon zeigt. Das aber ist nicht der Grund, warum die Nummer 270 der Welt plötzlich in Wimbledon nach Venus Williams und vor Lleyton Hewitt auf dem Pressepodium sitzen darf. Der Grund hat nichts mit Sport zu tun, sondern vielmehr damit, dass das Leben manchmal doch nicht so einfach ist, wie man sich das wünscht.

Aisam-ul-Haq Qureshi stammt aus Pakistan und sein neuer Doppelpartner Amir Hadad aus Israel. Beide Länder pflegen keine politischen Kontakte miteinander, und wenn es nach dem pakistanischen Tennisverbandschef ginge, auch keine sportlichen. „Wir verurteilen Qureshis Auftritt und fordern eine Erklärung“, sagte Syed Dilawar Abbas, „wenn unsere Regierung es wünscht, werden wir Maßnahmen einleiten.“ Der Sportdirektor des pakistanischen Verbandes fordert sogar: „Qureshi sollte für seinen Auftritt gesperrt werden.“ Es spricht nicht für die gegenwärtige Zeit, wenn ein Muslim noch nicht einmal mit einem Juden Tennis spielen kann, ohne dass das zu sportpolitischen Störungen führt. Wie gut eigentlich, dass sie es trotzdem machen. „Wir werden gar nichts ändern“, sagt Qureshi, der die Aufregung in seinem Heimatland nicht verstehen kann. „Es geht hier doch nur um Sport, nicht um Politik.“

Der fröhliche 22-Jährige ist Pakistans bester Tennisspieler, der Einzige, der es in die Weltrangliste der Herren geschafft hat. Zuletzt half er Pakistan im Daviscup zum Gewinn der Asiengruppe 2. Wenn sein Verband ihn nun sperrt, bestraft dieser sich im Grund selbst. Qureshi sagt: „Sollen sie das doch machen, wenn sie nicht mehr in der Gruppe zwei spielen wollen.“ Noch hat sich kein Offizieller bei dem Pakistani direkt beschwert. „Ein Journalist hat mir berichtet, dass es in Pakistan auch viele positive Stimmen gibt.“ In Israel soll es ähnlich sein.

Als sich die beiden vor dem Turnier zusammenschlossen, konnte keiner voraussehen, dass diese Verbindung bei den Medien so viel Wirbel entfacht. „Wir wollten einfach nur Tennis spielen“, sagt Amir Hadad, „wir hätten nie gedacht, dass das so eine große Sache wird.“ Seine Mercedes-Benz-Mütze lässt den Verdacht aufkommen, dass es sich bei dem ungewöhnlichen Pärchen um eine geschickte PR-Aktion handeln könnte. Doch der Israeli weiß das zu entkräften. „Ich habe keinen Sponsor – ich habe die Mütze nur so aufgesetzt, vielleicht bekomme ich ja ein Auto, wenn die Firma das sieht.“

Dass sich nun alle für das israelisch-pakistanische Doppel interessieren, liegt auch daran, dass Wimbledon nach der ersten Woche keine spannenden Geschichten bietet. Bei den Herren führen Lleyton Hewitt und Tim Henman ein Achtelfinalfeld der nlosen an. Die Damen langweilen bislang durch Favoritensiege. Da kommt so eine Geschichte zwischen Politik und Sport gerade recht. Ein US-amerikanischer Journalist wollte das Doppel gar in der Nachfolge der Ping-Pong-Diplomatie sehen, also jenen Tischtennisbegegnungen zwischen den USA und China, die das politische Klima zwischen den beiden Ländern verbessert haben sollen. Qureshi lacht nur, als er das hört. „Es geht uns wirklich nur um Tennis“, sagt er.

Irgendwann zwischendrin hat der lustige Pakistani noch gesagt: „Es läuft ziemlich gut, vielleicht spielen wir auch noch die US Open.“ Wenn das der pakistanische Tennispräsident hört, dürfte dieser vermutlich von seinem Stuhl fallen.

Aber, wie gesagt, das Leben ist nicht immer einfach.

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