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Sport: Die Sendungsbewussten

Der FC Bayern hat Arsenal ausgeschaltet – nun soll der europäische Titel her

Oliver Kahn ballte beide Fäuste mit grimmiger Gewalt, als wollte der Torwart des FC Bayern München gleich den nächsten europäischen Spitzenklub aus der Champions League verjagen. 0:1 hatten die Bayern das Achtelfinal-Rückspiel gegen den FC Arsenal verloren und waren nach dem 3:1 im Hinspiel doch im Viertelfinale gelandet. Kahns Urschrei beim Abpfiff in den Nachthimmel des Londoner Stadtteils Highbury war die Botschaft an Europa: Wir sind wieder da! Später sagte Trainer Felix Magath weniger impulsiv, aber mit ebenso viel Sendungsbewusstsein: „Wir können die Champions League gewinnen.“ Da mochte Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzende der Bayern AG, sich auch nicht in Bescheidenheit üben, sondern verkündete stolz und ein wenig bedrohlich: „Das ist ein Meilenstein in der Geschichte des FC Bayern. Von nun an sind wir nicht mehr nur Außenseiter.“

Dabei war dem einen oder anderen ab der 65. Spielminute „vor Angst das Herz in die Hose“ gerutscht, wie Felix Magath hinterher zugab. Da hatte Ashley Cole aus der eigenen Hälfte einen Pass abgeschickt über den verdatterten Lucio hinweg auf den rechten Fuß von Thierry Henrys. Flugs legte der Franzose sich den Fall auf seinen stärkeren linken Fuß und zog dann direkt ab. 1:0. Ein Weltklassetor, Oliver Kahn war machtlos, auch wenn er sich so lang streckte, wie es ging. Schon in der 40. Minute hatte Henry aus fast der gleichen Position die erste große Chance für Arsenal auf dem Fuß. Doch er entschied sich für den Schlenzer mit rechts, und Kahn parierte.

Ein bisschen Angst hatten sie also schon, die selbstbewussten Bayern, aber die Disziplin siegte schließlich doch über die weichen Beine. Am Ende war das Weiterkommen vor allem deshalb verdient, weil die Münchner in zwei Spielen die taktisch reifere Mannschaftsleistung geboten hatten. Arsenal beschränkte sich fast bis zum Ende auf das gewohnte Kurzpassspiel. Erst zum Schluss versuchten die Londoner es auch mit hohen Bällen.

So war es aus Sicht der Bayern ein Abend der Träume, die die Aussicht nährten, in naher Zukunft ein paar Feste zu feiern. Oliver Kahn sprach gar von „der besten ersten Halbzeit, an die ich mich erinnern kann“. Der Nationaltorhüter wollte von Nervosität nichts gespürt haben, auch nach dem 0:1 sei er die Ruhe selbst gewesen: „Ich war überzeugt, dass ich nicht bezwungen werden kann.“ Was die Münchner vor allem in Hälfte eins zeigten, erfüllte alle Vorgaben einer taktischen und kämpferischen Meisterleistung. Vor der guten Abwehr bewegte sich Michael Ballack wie eine universelle Triebfeder. Mal links, mal rechts. Mal aggressiv in die Zweikämpfe gehend, dann wieder ganz der abgeklärte Nationalmannschaftskapitän. Im Sturm beschäftigten Pizarro und Guerrero „aus dem hintersten Peru“ („Evening Standard“) die Londoner Verteidiger. Hinten machte Demichelis wie in der Bundesliga alle Lücken dicht. Kovac, Lucio und Sagnol ließen kaum eine Chance zu. Kovac wird nun wohl ablösefrei zu Juventus Turin gehen („Das Angebot ist so unglaublich, dass wir nicht mitbieten wollen“, sagte Manager Uli Hoeneß). Als Ersatz würden die Bayern gern Bremens Ismael holen.

Derweil blieb dem FC Arsenal mal wieder die Erkenntnis, dass in der Champions League einfach nichts zu holen ist für die Londoner. „Es ist frustrierend“, klagte Arsenals Trainer Arsène Wenger und gratulierte: „Das war unser bester Gegner seit langem.“ Jens Lehmann, Kahns großer Gegenspieler, dagegen ließ noch auf dem Platz seinem Frust freien Lauf. Aus seiner Wasserflasche verspritzte er beim hastigen Rückzug in die Kabine kleine Fontänen, und es sah beinahe so aus, als wolle er den Rasen wässern.

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