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Sport: Die Spielumdreher

Der Hamburger SV macht aus einem 0:2 gegen Leverkusen noch ein 3:2 und ist nun Tabellenführer

Von Karsten Doneck, dpa

Mäßig bedrängt von Guy Demel steuerte Stefan Kießling auf das Tor des Hamburger SV zu. Nur Schlussmann Frank Rost stand dem Leverkusener Stürmer noch im Weg. Und irgendwie schaffte es Rost, sich so vor Kießlings Füße zu werfen, dass der den Ball und das Duell verlor. Verzweifelt blickte Kießling Richtung Stadiondach. 2:0 führte Bayer Leverkusen zu diesem Zeitpunkt, ein 3:0 in dieser Szene – und der HSV wäre endgültig platt gewesen.

So aber rappelten sich die Hamburger auf. Mit einer enormen Energieleistung schaffte der HSV gegen die nach einem Platzverweis dezimierten Leverkusener noch einen 3:2 (1:2)-Sieg vor 55 187 Zuschauern in der Hamburger Arena. Zum dritten Mal in dieser Saison hatten die Norddeutschen nach einem 0:2-Rückstand noch gepunktet.

Der HSV kombinierte von Anfang an mit etwas zu viel Liebe zu Kunst und Eleganz. Geradliniger und damit effektiver spielten die Leverkusener. Ihre Konter trafen die Hamburger wie Keulenschläge: 0:1 durch Kießling, 0:2 durch Patrick Helmes. Nach einer halben Stunde stand der HSV wieder da, wo er schon beim 2:2 bei Bayern München und beim 4:2 bei Arminia Bielefeld gestanden hatte: vor der Aufgabe, einen 0:2-Rückstand begleichen zu müssen.

Die Leverkusener kamen dem HSV dabei entgegen: Bayers Innenverteidiger Manuel Friedrich, frühzeitig verwarnt, flog für ein Foul an Joris Mathijsen in der Nähe der Mittellinie mit Gelb-Rot vom Platz. Bayers Trainer Bruno Labbadia, früher mal Profi beim HSV, meckerte am Spielfeldrand über die – vertretbare – Entscheidung von Schiedsrichter Helmut Fleischer. Zuvor schon hatte Paolo Guerrero die Hamburger bei Elf gegen Elf mit einem Kopfball auf 1:2 herangebracht. Bei Elf gegen Zehn gelang Ivica Olic schon kurz nach der Pause der verdiente Ausgleich. Und dann kam Mladen Petric.

Der Neue von Borussia Dortmund hatte knapp 70 Minuten lang die Bank gedrückt. Nur vier Minuten war er auf dem Platz, da lenkte er vom Fünfmeterraum einen Schuss von Thiago Neves unhaltbar ins Netz zum umjubelten 3:2.

Vorab hatte die Aufstellung von HSV-Trainer Martin Jol überrascht. Nationalspieler Marcell Jansen, gerade erst für acht Millionen Euro vom FC Bayern verpflichtet, saß nur auf der Bank, für ihn verteidigte der ehedem schon zum Verkauf stehende Thimothee Atouba. Ein anderer Neuer, Jonathan Pitroipa, erschien schon gar nicht mehr im 18-köpfigen Aufgebot. Dass mit Mladen Petric ein weiterer, teurer Zugang zunächst nur Ersatz war, dafür gab es hingegen triftige, private Gründe: Seine hochschwangere Frau erwartet in diesen Tagen Nachwuchs.

So blieb es Thiago Neves vorbehalten, als einzige der namhaften Verstärkungen des HSV dem Publikum sein Können von Beginn an vorzuführen. Der Brasilianer – Kostenpunkt: um die acht Millionen Euro – übernahm sofort in der Spielmacherrolle viel Verantwortung. Er schlug Ecken und Freistöße, oft sehr gefährlich, brillierte mit feiner Technik und lenkte die Offensivaktionen mit gutem Auge für die Nebenleute. Torgefahr strahlte Thiago Neves nebenbei auch noch aus. Ein Kopfball von ihm nach Flanke von Guy Demel flog nur knapp übers Tor. Das hohe Tempo der Begegnung hielt er aber noch nicht durch.

Der HSV wird sich, wenn er den hohen Ansprüchen im Umfeld gerecht werden will, in der Abwehr noch steigern müssen. Denn die Offensive wird wohl nicht immer in der Lage sein, Zwei-Tore-Rückstände wettzumachen.

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