zum Hauptinhalt

Sport: Die Spur Wehmut

In seiner letzten Saison will Ricco Groß Biathlon genießen – und seinen zehnten WM-Titel gewinnen

Nach dem Warmschießen für die Oberhofer Weltcupwoche hatte der Bundestrainer dann doch ein wenig Mitleid mit Ricco Groß. Bei der World Team Challenge im Gelsenkirchener Kunstwinter vor fünf Tagen war der älteste Starter im deutschen Biathlon-Team am Ende nur Zehnter unter zwölf gestarteten Paaren. Das trübe Resultat hatte er allerdings in erster Linie seiner Mixed-Partnerin zu verdanken. „Ricco hat eigentlich gut geschossen“, lobte Frank Ullrich den 36-Jährigen und hielt fest: „Diesmal war es einfach sein Pech, dass Kati Wilhelm so stark daneben geleuchtet hat.“ Pech für den Mann, der gerade seine letzte Runde mit der Biathlon-Elite dreht.

Im September hatte Ricco Groß angekündigt, seine lange, medaillenreiche Karriere im Frühjahr 2007 zu beenden. „Ich freue mich brutal auf meine letzte Saison“, sagte Groß vor dem ersten Startschuss und erklärte den bevorstehenden Winter umgehend zu seiner persönlichen Ehrenrunde: „Ich sehe die ganze Weltcupserie mit anderen Augen und will überall Abschied nehmen.“

Dem Bundestrainer wird bei so viel Abschied allerdings ganz schwindelig. „Im letzten Jahr spielt immer Wehmut mit hinein“, sagt Frank Ullrich, denkt dabei sicherlich auch an das emotionsreiche Adieu von Frank Luck bei der Oberhofer Weltmeisterschaft im Jahr 2004 – und empfiehlt Groß für die letzten Wochen seiner sportlichen Laufbahn Wehmut in Maßen. „Natürlich war das eine schöne Zeit für ihn“, weiß der Chef der deutschen Biathleten. „Aber er muss das jetzt gnadenlos durchziehen.“ Im Gesamtweltcup liegt der gebürtige Sachse als fünftbester deutscher Athlet momentan auf Rang 14. Für die Staffel an diesem Donnerstag hat Trainer Ullrich an seiner Stelle Andreas Birnbacher nominiert, um Groß für die kommenden Wochen zu schonen. „In der nächsten Woche in Ruhpolding gibt es ja auch noch eine Staffel“, sagte der Bundestrainer. Bei den beiden bisherigen Staffeln dieses Winters war das deutsche Team einmal Zweiter (ohne Groß) und einmal Dritter (mit Groß) geworden.

Dabei feierte Groß seine größten Erfolge als Biathlet im Zusammenspiel mit wechselnden Kollegen. Zwischen 1992 und 2006 holte Groß bei vier von fünf Olympischen Winterspielen mit der deutschen Staffel Gold, unterbrochen wurde die stolze Serie nur durch den zweiten Platz 2002 in Salt Lake City. Ein Sieg in einem olympischen Einzelrennen blieb dem Mann, der als der unabhängigste und selbstständigste Geist in der deutschen Mannschaft gilt, jedoch verwehrt. Vier seiner insgesamt neun WM-Titel hat Ricco Groß dagegen ganz allein gewonnen. Nun träumt er davon, die Sammlung mit einem letzten Triumph bei den Titelkämpfen Anfang Februar zweistellig zu machen. Das italienische Antholz als Austragungsort kommt ihm bei diesem Plan jedenfalls überaus gelegen. „Dass meine letzten Weltmeisterschaften ausgerechnet dort stattfinden, ist verführerisch. Schließlich ist Antholz einer meiner Lieblingsorte.“

Zur Startseite