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Sport: Die Stunde der zwei Wahrheiten

Ante S. belastet Ex-Schiedsrichter Robert Hoyzer – der sieht vieles anders

Berlin Die Wahrheit ist ein schwer zugängliches Gut. Im Prozess um die Machenschaften des ehemaligen Fußball-Schiedsrichters Robert Hoyzer vor dem Landgericht Berlin sind seit Donnerstag zwei Wahrheiten auf dem Markt. Zum einen die schon länger bekannte aus der Sicht Hoyzers, er sei dem gerissenen Wettkönig Ante S. in die Falle gelaufen und habe unter dessen Einfluss Spiele manipuliert. Die zweite, neue Wahrheit hat gestern Ante S. geschildert, der Mann, den Hoyzer ehrfürchtig „Navigator“ nannte.

Hoyzer hat diese zweite Wahrheit am Donnerstag eifrig protokolliert. Seite um Seite seines DIN-A-4-Blocks füllt er mit Notizen. Manchmal lacht er. „Das sind die Stellen, bei denen Ante die größten Schnitzer macht“, erzählt Hoyzer nach dem gut vierstündigen Referat seines einstigen Freundes. „Gehen Sie mal davon aus, dass ich einiges richtig stellen werde.“ Vielleicht schon am kommenden Dienstag bei der Fortsetzung des Prozesses. Hoyzers Anwalt Thomas Hermes sekundiert: „Das war Antes Geschichte: Mein Mandant soll ihn zum Betrug gezwungen haben, und seine Brüder haben nichts gewusst. Also, das überrascht mich nicht.“ In diesem Moment läuft Nicolas Becker vorbei. „Wollen Sie etwa eine Aussage machen, Herr Kollege?“, fragt der Anwalt von Ante S. „Keine Sorge, Herr Becker“, entgegnet Hermes. „Wir haben genug Zeugen.“

Ante S. erzählt an diesem Donnerstag von einem langen Abend im Café King mit viel Bier und Schnaps, „vor allem deswegen ist Robert ja ins King gekommen“. Es sei spät geworden und beide plauderten über Wetten, „Robert hat immer wieder nachgebohrt, wie ich es denn schaffe, so viel zu gewinnen“. Das war im Mai 2004, als S. sein Wettglück schon mit Manipulationen forcierte. Über den Dresdner Spieler Torsten Bittermann habe er Kontakte zum ebenfalls angeklagten Chemnitzer Spieler Steffen Karl geknüpft, der fortan etwas verhaltener spielte, wenn es Ante S. und seinen Interessen diente. Karl senkt betreten den Kopf, als S. Summen und fußballtechnische Details schildert.

In jenem alkoholgeschwängerten Gespräch im Mai 2004 habe Hoyzer damit geprahlt, er habe schon mal ein Spiel verschoben, zwischen Sachsen Leipzig und dem Chemnitzer FC. Dann sei der Schiedsrichter zur Sache gekommen. Er pfeife am Wochenende das Regionalligaspiel zwischen Paderborn und Chemnitz . „Robert hat mich gefragt: Was wäre dir ein Sieg für Paderborn wert?“, sagt Ante S. Es sei dann noch reichlich getrunken worden, „gegen vier Uhr hat Robert ein Taxi genommen, er war ganz schön betrunken“.

Am nächsten Nachmittag sei Hoyzer wieder ins Café King gekommen und sich schnell mit S. einig geworden. Paderborn solle gewinnen und auch zur Halbzeit führen. Hoyzer habe sein Bestes getan und kurz vor der Pause beim Stand von 0:0 einen unberechtigten Elfmeter gepfiffen. Den aber musste er auf Intervention seiner Assistentin wieder zurücknehmen. Paderborn gewann 4:0, doch weil die von S. verlangte Pausenführung fehlte, habe Hoyzer die Prämie in Höhe von 8000 Euro wieder zurückzahlen müssen.

Hoyzer habe sofort auf eine neue Chance gedrängt und nur eine Woche später alles besser gemacht. Wieder pfiff er in der Regionalliga, und der 1:0-Sieg des Wuppertaler SV über die Amateure von Werder Bremen entsprang einem fragwürdigen Elfmeter. Jetzt sei Hoyzer in seinem Element gewesen, immer wieder habe er sich für neue Manipulationen angeboten und nebenbei auch noch den ebenfalls angeklagten Schiedsrichter Dominik Marks angeworben. Seine größte Prämie streicht Hoyzer bei Paderborns 4:2-Sieg im Pokal über den Hamburger SV ein. Zwei unberechtigte Elfmeter für Paderborn und eine Rote Karte für den HSV waren Ante S. 18000 Euro wert.

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